Heimatgeschichte Heimatgeschichte : Todesmarsch durch Löbejün

Löbejün - Sie sind ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte, die Todesmärsche von Häftlingen gegen Ende des Zweiten Weltkriegs. Das Martyrium der Gefangenen in den Konzentrationslagern fand im April 1945 seine grausame Fortsetzung in Evakuierungsmärschen, oft über Hunderte von Kilometern. Auch durch den nördlichen Saalekreis zogen solche Märsche. Die Interessengemeinschaft „Todesmärsche von Häftlingen aus Konzentrationslagern“ mit Hauptsitz in Halberstadt widmet sich diesem Thema intensiv und versucht, möglichst viel darüber herauszufinden.
„Nach unseren Recherchen führten mindestens drei der Todesmärsche durch den Raum Dalena-Löbejün“, erzählt Ellen Fauser von der Interessengemeinschaft. Sie war viel Jahre Leiterin der Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge im Ostharz, einem Außenlager des KZ Buchenwald. Von dort wie auch aus den KZ-Außenlagern in Bad Gandersheim im Westharz und bei Neu-Staßfurt wurden Gefangene auf den Marsch geschickt und kamen dabei auch in die Gegend von Löbejün. Die IG „Todesmärsche von Häftlingen aus Konzentrationslagern“ hat bereits einige Erkenntnisse darüber gesammelt. Unter anderem habe sie herausgefunden, dass unter den Gefangenen aus Langenstein-Zwieberge Tschechen waren, aus den anderen beiden Außenlagern ist mittlerweile nachgewiesen, dass Franzosen unter ihnen waren. Zudem werde vermutet, dass es in Löbejün auch Erschießungen gegeben habe, meint Ellen Fauser.
"Noch am Anfang"
„Wir sind aber noch am Anfang unserer Recherchen und wollen das genauer erforschen. In diesem Zusammenhang nach Zeitzeugen“, ergänzt sie. Auf dem Friedhof in Löbejün gebe es zwar ein Denkmal, aber das sei sehr allgemeingehalten.
Als die IG „Todesmärsche von Häftlingen aus Konzentrationslagern“ jetzt zu einer Exkursion nach Löbejün, Edlau und Gröbzig kam, waren neben Antje Klecar, der Bürgermeisterin von Wettin-Löbejün, auch Vertreter des Löbejüner Heimatvereins vor Ort auf dem Friedhof Löbejün. Dort wurde den Opfern des Todesmarsches gedacht. „Wir wussten vorher gar nicht, dass es solch eine Interessengemeinschaft gibt“, sagt Evelyn Sponfelder vom Löbejüner Heimatverein. „Wenn wir etwas über das damalige Geschehen in Löbejün herausfinden, wollen wir natürlich die Interessengemeinschaft unterstützen“, meint sie. Einige ältere Bewohner des Ortes könnten sich bestimmt noch daran erinnern. Die jüngeren allerdings wüssten wohl so gut wie gar nichts über diesen Teil der Heimatgeschichte, der oftmals weggeschoben werde, weil er ein düsteres Kapitel sei. „Aber das ist hochinteressant und müsste unbedingt weiter erforscht werden“, sagt Sponfelder.
Auf ihrer Exkursion machten die Mitglieder der IG auch Halt im nahe gelegenen Edlau, das zur Stadt Könnern gehört. Es sei nachgewiesen, dass die dortige Kiesgrube für einige Häftlingstransporte Raststätte war. Am historischen Ort wurde deshalb aus dem Erinnerungsbericht des Franzosen Paul Le Goupil zitiert, der als KZ-Häftling dort übernachten musste. Eine Edlauerin berichtete zudem von Erinnerungen, die Verwandte hatten. In Gröbzig (Stadt Südliches Anhalt) schließlich bekam die IG vom dortigen Ortsbürgermeister Zeitzeugenaussagen, die der Ortschronist Otto Kappes gesammelt hatte. Dabei wurde posthum eine Familie geehrt, die einen vom Todesmarsch geflohenen Häftling verpflegte und vor weiterer Verfolgung in Gröbzig schützte. (mz)