Fußball Fußball: Leidenszeit ist überstanden
LEUNA/MZ. - Mit einem freundlichen "Hallo Ronny" zur Begrüßung ihres Trainers trifft ein Steppke nach dem anderen auf dem Fußballplatz in der Emil-Fischer-Straße in Leuna ein. Die Kids zwischen fünf und zwölf Jahren wollen wie jeden Dienstag trainieren. Viele von ihnen fangen gerade erst an, beim TSV Leuna das Fußball-ABC zu erlernen.
Ihr Trainer, Ronny Goloiuch, kümmert sich wie ein Freund um sie - verteilt Lob, wenn der Torschuss gut klappt, gibt Tipps und Ratschläge bei der Ballannahme und bindet den jungen Fußballern auch mal die Schuhe. Ein Trainer, auf den niemand der kleinen Kicker verzichten will. Ganze drei Monate lang musste der Leunaer Fußball-Nachwuchs aber ohne ihn auskommen. Und dies war nicht in erster Linie die Leidenszeit der Kids - es war die ganz persönliche Leidenszeit des Ronny Goloiuch. Am 16. April diesen Jahres war der Torwart der Leunaer Landesklasse-Herrenmannschaft im Spiel gegen die Reserve des Naumburger SV 05 schwer verunglückt. Goloiuch sind die Geschehnisse, die in der 25. Minute der Partie passierten, noch ganz nah: "Der Stürmer hatte sich den Ball zu weit vorgelegt. Auf den Boden rutschend, konnte ich das Leder sicher in meinen Armen aufnehmen. Der Spieler hatte noch genug Zeit auszuweichen oder über mich drüber zu springen, aber er trat mir vor den Kopf." Goloiuchs Stirn war eingedrückt und ein großes, blutendes Loch klaffte. 40 Minuten lang lag der Torhüter regungslos auf dem Feld, ehe ihn der Rettungshubschrauber in die Jenaer Klinik brachte. "Ronny war die ganze Zeit bei Bewusstsein. Das war sein Glück", sagt Wolfgang Schulze, Betreuer beim TSV, der als gelernter Rettungssanitäter erste Hilfe leistete. "Denen, die gleich zur Stelle waren, habe ich viel zu verdanken", sagt Goloiuch. "Auch ein Fremder, wie sich später herausstellte aus Nebra, kam mit auf den Platz und hat mir geholfen. Als ich noch in Jena in der Klinik lag, besuchte er mich sogar", sagt Goloiuch. "Ich habe mich bei ihm bedankt. Wir haben Telefonnummer und Adresse ausgetauscht und bleiben in Kontakt."
Neben diesen positiven Momenten sind aber auch jede Menge schockierende Erinnerungen geblieben. Der Verursacher seiner schweren Verletzung, der Naumburger Spieler Tim Rohmahn, und die Verantwortlichen aus dessen Verein haben sich erst lange nach dem Vorfall und dann sogar nur schriftlich bei Goloiuch gemeldet. "Rohmahn hat geschrieben, er spiele seit 15 Jahren Fußball und sei immer fair gewesen", erzählt Goloiuch. "Mag ja sein. Da er aber genug Zeit hatte auszuweichen und dies nicht tat, war es für mich Absicht." Darum hat der Leunaer auch Anzeige wegen Körperverletzung bei der Polizei erstattet. Dass Rohmahn vom Sportgericht für dieses grobe Foul nur zwei Spiele gesperrt wurde, bezeichnet der Torwart als lächerlich.
Gut fünf Monate sind seit der Verletzung nun vergangenen. Eine Narbe ziert noch seine Stirn, eine andere rings um den Kopf - sein Schädel wurde geöffnet, um Titanblättchen einzusetzen - lässt sich noch erahnen. "Haare werden darauf aber nicht mehr wachsen", sagt Goloiuch lächelnd. Beschwerden, wie Kopfschmerzen, habe er keine. Dennoch hat der Arzt ihm geraten, noch eine Weile mit dem Fußballspielen zu warten. Der Knochen müsse erst noch verheilen. "Eigene Verantwortung, wie es so schön heißt", sagt der Leunaer, "ich will aber nichts riskieren." Darum ist er auch beim Training mit den Kids noch vorsichtig - sich ins Tor stellen, ist dort noch tabu. Früher oder später will er aber bei der Landesklasse-Mannschaft wieder im Kasten stehen.