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Fechten Fechten: Durchstich in die Lunge kann heute nicht mehr passieren

Von ANKE LOSACK 19.10.2011, 15:46

MERSEBURG/MZ. - Wenn Wolfgang Randolph (74) über das Fechten berichtet, glänzen seine Augen. Seine Verbundenheit hört man in seinem Reden. Und erzählt er von den Bedingungen, die vor mehr als 50 Jahren im Fechtsport herrschten, kommt dann auch schon mal ein Lächeln über seine Lippen. Seit seinem 18. Lebensjahr ist der Vereinschef der Fechtgemeinschaft "Merseburger Raben 1990" dem Fechten treu.

"Heute unterliegt das Fechten strengen Regeln", sagt er, "besonders was die Sicherheitsvorkehrungen an der Sportkleidung betrifft." Da seien zum einen die Anforderung an die Fechtanzüge. Aus derben Materialien müssen sie beschaffen sein, damit die Klingen stumpf wegbrechen. "Früher", sagt Randolph und schmunzelt, "hängte man sich Papierschnitte über den Körper. Die Fechter oder ihre Familien haben die Anzüge manchmal sogar selbst genäht. Heute unvorstellbar." Auch die Beschaffenheit der Fecht-Masken habe sich natürlich weiterentwickelt - ein dünnmaschiges Drahtgitter schützt heute die Gesichter der Sportler. Sicherheit wird also ganz groß geschrieben. Das sei auch richtig so, meint Randolph. Die schwerste Verletzung eines Merseburgers, an die er sich erinnern kann - sie läge schon mehrere Jahrzehnte zurück - war der Stich durch den Anzug in die Lunge. "Der Sportler wurde gleich ins Krankenhaus gebracht und hatte damals viel Glück", sagt Randolph.

Die zumeist jungen Sportler, die bei der Fechtgemeinschaft Merseburger "Raben" die Ausrüstung überstreifen, wissen um die heute starken Sicherheitsregeln und Forderungen nach Disziplin. Darum gehen sie auch mit keinerlei Bedenken, dass ihnen etwas passieren könnte, in die Gefechte. "Angst? Nein, habe ich nie", meint die 13-jährige Megan Stetz, "man bekommt mal einen blauen Fleck, mehr aber nicht." Und Megan muss es ja wissen, denn sie stand schon bei unzähligen Wettkämpfen auf der Planche. Bis zu den deutschen Meisterschaften hat sie sich schon hochgearbeitet, belegte dort Rang neun im Florett-Fechten, Platz 19 im Degen-Fechten. "Fechten ist meine große Leidenschaft", sagt sie. Die Erfahrungen, die sie bei den deutschen Meisterschaften bisher gesammelt hat, sind ihr noch nicht genug: "Beim nächsten Mal will ich dort besser abschneiden." Dieses Ziel geht natürlich mit dem Vereinschef Randolph einher.

Doch nicht nur das Leistungsfechten stehe auf der Agenda des nunmehr sechs Jahrzehnte alten Merseburger Fecht-Vereins. "Wir sind der Meinung, jeder kann fechten", so Randolph. Zwischen eineinhalb und zwei Jahre dauere eine Ausbildung und durch viele Gefechte im Jahr - die Merseburger richten selbst zwei große Veranstaltungen aus - gewinne man an Erfahrung. "Auch Freizeitfechten ist bei uns möglich", sagt der 74-Jährige, der selbst noch an Degenwettbewerben teilnimmt. "An den Freyburger Jahn-Wettkämpfen mische ich seit 1958 mit. Dort treffe ich viele alte Bekannte und man redet von früher", erzählt Wolfgang Randolph mit einem Glänzen in den Augen.