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Erweiterung Kraftwerk Leuna Erweiterung Kraftwerk Leuna: Mit 145 Millionen Euro flexibel Strom erzeugen

Von Melain van Alst 02.07.2020, 12:00
An das bereits bestehende Leunaer Kraftwerk im Werkteil 2 soll eine Erweiterung gebaut werden.
An das bereits bestehende Leunaer Kraftwerk im Werkteil 2 soll eine Erweiterung gebaut werden. Katrin Sieler

Leuna - Für den offiziellen Teil bleibt der kleine Sandhaufen am Rand, um mit den Spaten hineinzustechen. Die eigentliche Baugrube dahinter ist aber schon ausgehoben und deutet die Größe des neuen Projektes der Infra Leuna an. Die Betreibergesellschaft des Chemiestandortes will bis Ende 2022 eines seiner beiden Gaskraftwerke erweitern und modernisieren.

Dafür investiert sie mit 145 Millionen Euro so viel wie noch nie in ein Einzelprojekt. „Das ist eine Investition, die den Standort auf Jahrzehnte prägt“, verspricht Infra Leuna Geschäftsführer Christof Günther.

„Die ältere Turbine hat eine Leistung von 40 Megawatt, die neue von 57 Megawattt“

Das Kraftwerk ist ein Novum, wie auch der Fakt, dass die Infra Leuna eines baut. Das habe es so noch nicht gegeben, erklärt Projektleiter Jan Friedemann am Mittwoch beim Spatenstich. Sie betreiben die Kraftwerke zwar, aber betreten mit dem Bau der Erweiterung Neuland. Dazu haben sie sich unter anderem den Generalunternehmer Kraftanlagen München ins Boot geholt. Unter der Abkürzung „GuD 2“ läuft das Kraftwerk im Werkteil 2, das zwischen 1996 und 1998 errichtet wurde.

Bislang, so Friedemann, werde hier über eine Gasturbine Strom produziert. Die soll auch erhalten bleiben und wird ergänzt durch eine zweite Turbine, die der ersten gleicht. Doch die vielen Jahren zwischen ihrer Entstehung zeigen den technischen Fortschritt: „Die ältere Turbine hat eine Leistung von 40 Megawatt, die neue von 57 Megawatt. Das ist eine Wirkungsgradverbesserung von 20 Prozent“, so der Projektleiter. Ende 2021 soll die Turbine, gefertigt in Schweden, am Standort eintreffen.

„Mit der Erweiterung entsteht eine einzigartige Anlage“

Die zwei Turbinen werden zukünftig aus Erdgas Strom produzieren und die Abhitze, die dabei entsteht, geht in einen Abhitzekessel, der wiederum eine Dampfturbine speist. So wird der Standort mit Dampf versorgt. Zu Spitzenzeiten kann bis zu 190 Tonnen Dampf pro Stunde in das Werksnetz geschoben werden. „Mit der Erweiterung entsteht eine einzigartige Anlage, die sehr flexibel bei der Erzeugungsleistung ist“, sagt Günther.

Denn das Kraftwerk „GuD 1“ im Werkteil 1 habe ebenso Gas- und Dampfturbinen, die jedoch gekoppelt seien. Im sanierten „GuD 2“ soll es zukünftig jedoch möglich sein, diese bei Bedarf zu entkoppeln. So dass beispielsweise mit einer der beiden Gasturbinen auch nur Strom produziert werden kann. Diese Flexibilität mache die Anlage sehr effizient, wie Günther betont.

„Der Bedarf an Strom wächst, weil sich neue Unternehmen ansiedeln“

Der Strom ist für die energieintensive Chemieindustrie ein hoher Kostenfaktor, den man versuche so niedrig wie möglich zu halten. Gleichwohl kann der Verbrauch nicht sinken, im Gegenteil: „Der Bedarf an Strom wächst, weil sich neue Unternehmen ansiedeln und weil bestehende Unternehmen wachsen“, so Günther. Am Standort entstünden Produkte, die weltweit gebraucht würden. „Wir brauchen aber Versorgungssicherheit, weil Chemieanlagen durch Spannungseinsenkungen in Millisekunden ausfallen können.“

Daher könne man sich auch nicht auf erneuerbare Energiequellen stützen, die zu Schwankungen neigten. Der Standort produziere mit den eigenen Kraftwerken genug Strom, um sich selbst zu versorgen können, kann aber auch Strom exportieren, um die Netze zu stabilisieren. Ist also zu wenig Strom im Netz, kann die Infra Leuna abgeben. Ist zu viel Strom im Netz kann sie ihn sogar günstiger einkaufen, als sie ihn herstellen würde.

„Wir wissen um den Standort, wir wissen um dessen Relevanz“

Möglich wird dies durch die flexiblen Gaskraftwerke. Dazu verzeichnet das Unternehmen 6.000 Energiehandelsgeschäfte pro Jahr. Die Bedeutung des Standortes hebt indes auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hervor, der anlässlich des Spatenstichs nach Leuna kam. Ihm sei die sichere Versorgung der Industrie wichtig. „Wir wissen um den Standort, wir wissen um dessen Relevanz“, sagte er. Besonders mit Blick auf das Thema Strukturwandel, das Politik und Wirtschaft für die kommenden 20 Jahre begleiten werden.

Und die Braunkohle als solche wird zur Erzeugung von Strom am Standort in Leuna schon seit Jahrzehnten nicht mehr genutzt. 1995 wurde das Kraftwerk abgestellt und bereits 1993/94 das erste Gaskraftwerk gebaut. (mz)

Infra Leuna-Geschäftsführer Christof Günther (v.l.), Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und Stéphane Stoll, Vorsitzender der Geschäftsführung der Kraftanlagen München, haben gemeinsam den Spatenstich vollzogen.
Infra Leuna-Geschäftsführer Christof Günther (v.l.), Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und Stéphane Stoll, Vorsitzender der Geschäftsführung der Kraftanlagen München, haben gemeinsam den Spatenstich vollzogen.
Katrin Sieler