1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Saalekreis
  6. >
  7. Einsatzkräfte fehlen : Einsatzkräfte fehlen : Feuerwehr setzt Notruf ab

Einsatzkräfte fehlen  Einsatzkräfte fehlen : Feuerwehr setzt Notruf ab

Von Jan Möbius 27.10.2016, 05:00
So wie Steffen Haschke (ganz rechts) und auch andere Ortsfeuerwehren in der Gemeinde Petersberg mit Plakaten um neue Mitglieder.
So wie Steffen Haschke (ganz rechts) und auch andere Ortsfeuerwehren in der Gemeinde Petersberg mit Plakaten um neue Mitglieder. Holger John

Petersberg - Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen: An diesem Sprichwort scheinen sich die Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren in der Gemeinde Petersberg nördlich von Halle orientiert zu haben. Offensiv gehen sie jetzt gegen die immer akuter werdende Personalentwicklung in ihren ehrenamtlichen Truppen vor. Und dabei nehmen sie kein Blatt vor den Mund: „Die Mitgliederentwicklung ist mehr als mies“, sagt Steffen Haschke, Wehrleiter im Ortsteil Morl. Von einer katastrophalen Lage ist sogar bei seinen Kameraden im Ortsteil Krosigk/Kaltenmark die Rede.

Mit vier mal zwei Meter großen Plakaten wird nun ganz öffentlich auf die Personalprobleme bei den 13 Ortsfeuerwehren in der Gemeinde Petersberg aufmerksam. Haschke zufolge handelt es sich bei der Aktion nicht nur um reine Mitgliederwerbung. „Diesmal ist es die Feuerwehr, selbst die einen Notruf absetzt.“ Nicht nur in Morl weisen die Plakate auf die Misere hin. Auch in Ostrau und in Krosigk hängen sie inzwischen für alle Einwohner gut sichtbar.

Viel zu wenig für den Ernstfall

Steffen Haschke ist Chef von noch 20 Feuerwehrleuten. Acht davon sind ihm zufolge Frauen - inzwischen eine wichtige Stütze für die Einsatzbereitschaft. Dennoch: Die 20 Kameraden, auf die Haschke im Ernstfall zurückgreifen kann, sind noch viel zu wenig. „Die Sollstärke bei uns sind eigentlich 30 Einsatzkräfte“, sagt der Feuerwehrchef. Denn auch das wird gesetzlich vorgegeben. Über Mannschaftsstärke entscheidet die Anzahl der Sitzplätze auf den Fahrzeugen. Und davon gibt es etwa in Morl gleich drei. Haschkes Truppe muss ein Löschfahrzeug, ein Tanklöschfahrzeug und einen Rüstwagen für Hilfeleistungen nach Unfällen besetzen. Einfach mal ein Auto abgeben, weil nicht genügend Leute zum Alarm kommen können, geht jedoch nicht. Denn die Feuerwehr Morl ist unter anderem auch für die Autobahn 14 zuständig.

Die Plakataktion, die überall in der Gemeinde Petersberg jetzt auf die Sorgen der Feuerwehr aufmerksam machen und durch Sponsoren sowie dem Heimatverein Wallwitz untertstützt wurde, ist aber nicht die einzige Maßnahme, um die Personalprobleme zu kompensieren. So helfen sich die freiwilligen Feuerwehren inzwischen gegenseitig. Seit gut einem Jahr gibt es etwa ein Abkommen zwischen der Ortsfeuerwehr Morl und deren Nachbarn aus Sennewitz. Beide Wehren werden immer zeitgleich zu Einsätzen alarmiert. So werden Personal-Engpässe nachbarschaftlich kompensiert.

Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt verpflichtet

Die Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt sind dazu verpflichtet, eine funktionierende Feuerwehr vorzuhalten. Wie diese Einheiten konkret aussehen und organisiert sein müssen, das erklärt das Brandschutzgesetz des Landes allerdings nicht konkret. Das und die erforderliche Ausrüstung der Feuerwehren regeln inzwischen vielerorts sogenannte Brandschutzbedarfspläne intern. Im Gesetz ist jedoch festgehalten, dass die Feuerwehren innerhalb von zwölf Minuten nach der Alarmierung am Einsatzort eintreffen müssen.

Schaffen es die Kommunen wegen personeller Engpässe nicht mehr, eine funktionstüchtige freiwillige Feuerwehr aufzustellen, dann müssen sie sogenannte Pflichtfeuerwehren gründen. Und dann wird es richtig erst. Denn die Kommunen können in einem solchen Fall gesundheitlich geeignete Einwohner über dem 18. und unter dem 55. Lebensjahr zum Dienst verpflichten. Bislang gibt es im Saalekreis eine solche Art von Feuerwehr noch nicht. (mz)

An Technik mangelt es nicht, nur am Personal.
An Technik mangelt es nicht, nur am Personal.
Holger John