Benzin aus heimischen Rohstoffen Benzin aus heimischen Rohstoffen: Holz soll Erdöl ablösen

Schkopau - „Die Bioökonomie ist eine riesige Chance für Sachsen-Anhalt. Wenn die Unternehmen sie denn erkennen“, sagt Matthias Zscheile. Die Begeisterung des Professors für Holztechnik ist berufsgegeben. Als Vorsitzender des Vereins BioEconomy mit Sitz in Halle ist er so etwas wie der Cheflobbyist der Bioökonomie in Mitteldeutschland. Und die soll nach dem Willen der Landesregierung eine der Zukunftstechnologien für Sachsen-Anhalt sein, vor allem für die Chemieregion südlich von Halle.
Der Wirtschaftsstaatssekretär Thomas Wünsch überreichte deshalb am Donnerstag im Schlosshotel Schkopau Zscheile einen Förderbescheid über zwei Millionen Euro für zehn Jahre. Bis dahin soll der Verein seinen gleichnamigen Forschungsverbund („Innovationscluster“) weiter ausbauen.
Umstieg von fossilen auf nachwachsende Non-Food-Rohstoffe
Das Land verspricht sich davon nicht weniger als eine Weichenstellung für den Umstieg von fossilen auf nachwachsende Non-Food-Rohstoffe. Denn genau darum geht es bei der Bioökonomie: Statt Benzin, Polymere oder andere Werkstoffe aus Erdöl zu gewinnen, wie es derzeit an den Chemiestandorten der Region wie Leuna oder Schkopau noch überwiegend geschieht, sollen nachwachsende Rohstoffe wie Holz den Ausgangspunkt der Produktionskette bilden. Man wolle das Land als Zentrum der holzbasierten Bioökonomie in Europa etablieren, sagt Wünsch.
Das 2012 ins Leben gerufene und bisher vor allem durch Bundesmittel finanzierte Innovationscluster soll dabei als Netzwerk zur Verzahnung und Forschungsförderung beitragen. „Wir forschen nicht selber“, erklärt Zscheile, „sondern fördern von unserem Büro auf dem Weinberg-Campus in Halle aus die Kooperation der Mitglieder.“
Gewinnung von Benzin aus Pflanzenrohstoffen
Deren Liste ist lang, umfasst Vereine, Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus der Region, wie etwa die Firma Domo aus Leuna oder das dort ansässige Fraunhofer-Institut CBP. In dem arbeiten Forscher derzeit unter anderem an der Gewinnung von Benzin aus Pflanzenrohstoffen.
„Wir haben viele Forschungsergebnisse. Die Aufgabe für die nächsten zehn Jahre ist nun, diese in die Industrie, in die Produktion zu bringen“, blickt der Clusterchef voraus. Das sei kein einfaches Unterfangen, denn zum Nachweis der Wirtschaftlichkeit bedarf es Demo-Anlagen, um die neuen Technologie auch in größerem Umfang zu testen. Doch diese kosten gern mal zweistellige Millionensummen, die auch größere Unternehmen nicht einfach so aufbringen.
Unternehmen der Region nicht groß genug
Von denen gebe es ohnehin wenig in Sachsen-Anhalt, sagt Staatssekretär Wünsch. Die meisten Unternehmen der Region seien nicht groß genug, um sich eine eigene Forschungsabteilung zu leisten. Deswegen sei die gut ausgebaute öffentliche Forschungsinfrastruktur mit Hochschulen und außeruniversitären Instituten wichtig.
Das vorhandene Know-how ist aber nur ein Grund, warum die Landesregierung auf die Karte Bioökonomie setzt. Der andere ist das Land selbst und der in weiten Teilen fruchtbare Boden: „Wir sind der größte Produzent von Zuckerrüben. Da wäre es Nonsens, daraus nur Zucker zu machen und den Rest nicht zu verwenden“, argumentiert Wünsch. Auch Holz gebe es im Land ausreichend.
Reichlich vorhandene Biomasse und dazu passendes Wissen, dieses Profil will auch Zscheile schärfen und damit im Ausland bei größeren Firmen hausieren gehen. „Das Ziel sind letztlich Industrieansiedlungen, neue Arbeitsplätze.“ Doch dafür müssen die Bioökonomiepromoter nicht nur die Unternehmen von den Chancen der neuen Technologie überzeugen, sondern auch die Jugend. Der Branche mangelt es schon jetzt an Fachkräften. (mz)