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Bauernprotest in Berlin Bauernprotest in Berlin: Landwirte aus dem Saalekreis sind wütend auf die Agrar-Politik

Von Melain van Alst und Anke Losack 28.11.2019, 14:48
Die Kundgebung am Brandenburger Tor
Die Kundgebung am Brandenburger Tor Jürgen Schmidt

Bad Dürrenberg/Kleineichstädt - Um Mitternacht sind die beiden Schlepper und ein Begleitfahrzeug in Bad Dürrenberg losgerollt. Ihr Ziel: Berlin. Fünf Mitarbeiter der Agrargenossenschaft Bad Dürrenberg haben sich an der Kundgebung der Landwirte am Dienstag in der Hauptstadt beteiligt. Die Demonstration richtet sich gegen das Agrarpaket der Bundesregierung. Doch gleichzeitig ist es für den Chef der Bad Dürrenberger Agrargenossenschaft, Matthias Ulrich, ein wichtiges Zeichen, nicht nur an die Politik, sondern an eine Gesellschaft, die auch auf die Landwirte angewiesen ist.

Landwirte aus dem südlichen Sachsen-Anhalt treffen sich zur Protest-Fahrt

Jürgen Schmidt von der Agrargenossenschaft hat seine Kollegen im Pick-up begleitet. „Falls doch irgendwas sein sollte oder sich jemand nicht wohlfühlt, sind wir vorbereitet.“ Mitternacht ging die Reise los und führte die fünf Mitarbeiter erst einmal nach Brehna (Anhalt-Bitterfeld). Dort haben sich die Landwirte aus dem südlichen Sachsen-Anhalt getroffen, die dann per Konvoi um 1.30 Uhr auf der A9 und in Begleitung der Polizei gen Norden aufgebrochen sind. Bei Klein Marzehns (Brandenburg) seien die Trecker dann von der Autobahn auf eine Bundesstraße umgeleitet worden.

Bis zur Berliner Stadtallesgrenze seien sie im Konvoi gefahren, der durchschnittlich nur mit 30 km/h vorwärts gekommen ist. Dort wurde die Polizei abgezogen und der Konvoi löste sich plötzlich auf. „Das war nicht optimal gelöst, in kleinen Grüppchen ging es dann Richtung Siegessäule“, so Schmidt, wo bereits tausende Trecker parkten. „Die Straßen bis zur Siegessäule waren über alle Spuren vollgeparkt“, sagt Schmidt.

Landwirte aus dem Saalekreis sind wütend: „Zu lange abgeduckt“

Auch zwei Mitarbeiter der Agrargenossenschaft Weißenschirmbach haben sich auf den Weg nach Berlin gemacht. Wie der Vorstandsvorsitzende Norbert Münch gegenüber der MZ sagt, stellt ihnen das Unternehmen ein Fahrzeug und den Sprit zur Verfügung. Eigentlich wollte auch Münch mitfahren, er hatte aber einen wichtigen Termin.

Dennoch war er in der Nacht zu Dienstag am Treffpunkt in Brehna. Münch begrüßt die Aktion: „Es muss etwas gemacht werden, weil die Politik mit uns Bauern nicht mehr redet, sondern nur mit Organisationen neben der Landwirtschaft.“ Er betont, er wäre gerne in Berlin gewesen. „Wir haben uns als Berufsstand viel zu lange abgeduckt“, meint Schmidt, der mit seinen Kollegen bei der Kundgebung in Berlin war. 

„Die Stimmung dort war besonders.“ Er hoffe, dass die Landwirte noch etwas bewegen können, aber selbst, wenn es jetzt beim Agrarpaket nur noch minimale Änderungen gibt, darf man die Hände nicht in den Schoß legen. Sein Chef, Matthias Ulrich, konnte selbst zwar nicht bei der Demonstration teilnehmen, steht jedoch hinter seinen Leuten. „Bei der Agrarpolitik findet kein Dialog mit der Landwirtschaft statt“, kritisiert er.

Bauernproteste: Die Bedeutung der Landwirtschaft soll in den Fokus der Gesellschaft rücken

Vorgaben und zunehmende Reglementierungen könne man in dieser Eile und Vehemenz nur schwerlich umsetzen. Er wünscht sich, dass die Bedeutung der Landwirtschaft auch in den Fokus der Gesellschaft rückt. „Uns ist die Umwelt doch nicht egal“, sagt Ulrich. Und sie seien auch bereit, diese zu unterstützen. Was den Landwirt auf dem Weg nach Berlin und auch in der Stadt motiviert, ist der Zuspruch.

„Am frühen Morgen haben uns Eltern mit ihren Kindern auf den Landstraßen gewunken. Ein Autofahrer hat mich im Stau sogar angesprochen und gesagt, wie gut er die Aktion findet“, so Schmidt. Er wisse, dass die Tausenden Trecker in der Metropole für viel Stau gesorgt haben. „Trotzdem haben viele Verständnis gezeigt“, so Schmidt. Noch am Nachmittag haben die Bad Dürrenberger Landwirte sich auf den Rückweg gemacht. Der wird sie allerdings ohne Polizeibegleitung über die Landstraßen führen. (mz)

Rad an Rad stehen Tausende Trecker im Berliner Zentrum.
Rad an Rad stehen Tausende Trecker im Berliner Zentrum.
Jürgen Schmidt