220 Jahre Brot und Kuchen aus Rothenburg 220 Jahre Brot und Kuchen aus Rothenburg: "Wir sind Bäcker in der siebten Generation"

Wettin-Löbejün - Es war 1799, als Johann Christoph Winkelmüller in Apolda seine Lehre als Bäcker begann und später als Bäckermeister gearbeitet hat. Winkelmüller, und da muss man schon genau nachzählen, ist der Ur-Ur-Ur-Ur-Großvater von Gerhild Fischer. Auf diese lange Familientradition ist die 55-jährige Bäckermeisterin aus Rothenburg sehr stolz: Groß gefeiert wird das 220-jährige Bestehen der Familientradition am Wochenende.
Durch die Heirat von Töchtern der Familie mit Bäckern oder der Heirat der zweit- oder drittgeborenen Söhne der Bäckermeister änderten die Handwerker immer mal den Namen. „Immer nur die erstgeborenen Söhne erbten den väterlichen Betrieb“, erläutert Gerhild Fischer, die als Gerhild Erhardt geboren wurde und wie schon ihre Vorfahren Wert auf handwerkliche Qualität legt. 2006 stellte sie ihren Betrieb auf Bio um - und beliefern mittlerweile fast alle Bioläden in der Region.
60 bis 70 Stunden Arbeit an sechs Tagen die Woche
60 bis 70 Stunden Arbeit an sechs Tagen die Woche seien zwar anstrengend, aber die Umstellung auf Bio haben Gerhild Fischer und ihrem Mann Stefan doch neuen Aufwind verschafft: „Jetzt können wir mit der Qualität backen, die wir uns wünschen“, sagt sie. In den Bioläden, und auch beim monatlichen Bioabendmarkt finden ihre Roggenschrot, - Kürbiskern- und Mischbrote rasenden Absatz. Selbst im Klosterladen Helfta gibt es Bio-Kekse aus der Backstube Fischer.
Immer wieder erfindet Gerhild neue Kreationen: vom Honig-Lavendel-Brot bis zum Kräuter-Quark-Brot. Gemeinsam mit Bäckermeister Stefan Kirn heizt sie zum Lindenblütenfest den historischen Backofen der Franckeschen Stiftungen an und backt das knusprige Francke-Brot. Dennoch blickt sie auf das Jubiläum auch mit einem weinenden Auge: Obwohl ihre Tochter und ihr Schwiegersohn Bäckermeister sind, werden sie die Backstube in Rothenburg nicht übernehmen. „Sie haben eine eigene Bäckerei in Bayern.“ Einen Umzug nach Sachsen-Anhalt schließen die jungen Eheleute aus.
„Sie tun mehr, als notwendig wäre und stärken so das Ansehen des regionalen Bäckerhandwerks.“
Damit wird dann vielleicht in etwa zehn Jahren- oder später, je nachdem, wann Gerhild und Stefan Fischer in Rente gehen - die jahrhundertelange Backtradition der Familie zwar nicht aussterben. Aber eben nicht in Rothenburg weitergeführt. Übrigens erst 1951 hatte Vater Kurt Ehrhardt die ehemalige Bäckerei Ackermann in Rothenburg gekauft und dort Brot und Kuchen hergestellt. 1981 schloss er den Betrieb aus Altersgründen, doch Tochter Gerhild heizte den Backofen 1986 wieder an, nachdem sie ihren Meisterbrief in der Tasche hatte.
28 Lehrlinge bildete sie aus, aber für den Ort Rothenburg setzte sie sich auch seit 1991 bis 2014 als FDP-Stadträtin ein. Zudem ist Gerhild Fischer auch im evangelischen Gemeindekirchenrat aktiv. Zum „außerordentlichen Jubiläum“ hebt Landesinnungsmeister Manfred Stelmecke hervor: „Sie tun mehr, als notwendig wäre und stärken so das Ansehen des regionalen Bäckerhandwerks.“
Buntes Programm zum Jubiläum
Zum Tag der offenen Tür lädt die Biobäckerei Fischer in Rothenburg, August-Bebel-Straße 2, (Gemeinde Wettin-Löbejün) am Freitag, 1. November, von 10 bis 16 Uhr ein. Klein und Groß können dabei erleben, wie ein Brot entsteht. Kinder dürfen auch selbst backen; außerdem gibt es eine Tombola zugunsten des Krokoseums in den Franckeschen Stiftungen. Gleichzeitig sind auch die Kirche Rothenburg und das Heimatmuseum geöffnet.
Am Samstag, 2. November,feiert die Bäckerei mit ehemaligen Auszubildenden und Angestellten sowie Ehrengästen aus dem Handwerk in einer geschlossenen Veranstaltung. (mz)
