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Reformationstag Reformationstag: Noch mehr Kultur und Unterhaltung als sonst

Von Irina Steinmann 30.10.2002, 16:42

Wittenberg/MZ. - Das Volk wird sich auf dem Markt versammeln, Augen, Ohren und bald sicher auch das Maul aufsperren, auf das ihm der Reformator so gerne gesehen hat. Derbe Sprüche, heftige Wortgefechte und allerlei altes Handwerk versprechen die Männer und Frauen der Leipziger Mittelaltertruppe "Heureka" all jenen Besuchern, die es zum Reformationsfest gern rustikal mögen.

Dass Kulturbeflissene an den Tagen um den 31. Oktober deutlich besser auf ihre Kosten kommen als sonst im Wittenberger Herbst, hat Tradition. Das Kabarett am Vorabend des protestantischen Feiertags gehört unbedingt dazu. "Mancher lernt’s nie" heißt das Tucholsky-Programm, das Friedrich-Wilhelm Junge und das Michael-Fuchs-Trio bereits Mittwoch Abend (19.30 Uhr) in der Malschule präsentieren. Versprochen werden ewige Weisheiten wie diese: "Der Mensch ist ein Wesen, das klopft, schlechte Musik macht und seinen Hund bellen lässt. Manchmal gibt er auch Ruhe - aber dann ist er tot."

Die Qual der Wahl haben Tucholsky-Freunde mit einem Faible für musikalische Experimente, denn fast gleichzeitig treffen in der Stadtkirche im Rahmen des Festivals der geistlichen Musik Percussion und Orgel aufeinander: Christian Roderburg und Heike Mroß-Lamberti interpretieren Stücke von Petr Eben und Johann Sebastian Bach (Beginn 20.30 Uhr).

Malen, Spielen, Basteln - kurzweilig wird es am Donnerstag den ganzen Tag über in den Cranach-Höfen zugehen, deren Namensgeber diesmal neben Martin Luther ins Zentrum des Wittenberger Reformationsfestes rückt. Die Veranstaltungen im Jubiläumsjahr 2003 für den Maler Lucas Cranach, der vor 450 Jahren von uns ging, beginnen just am Reformationstag, und das ziemlich spektakulär. Eine multimediale Inszenierung aus Text, Licht und Bildern lässt an der Fassade des Alten Rathauses den Geist des malenden Luther-Zeitgenossen lebendig werden.

Dies ist der Auftakt einer ganzen Reihe von Ausstellungen und Veranstaltungen in diesem und dem eigentlichen Jubeljahr 2003 in Wittenberg und anderen Orten, denen der Maler verbunden war. Ganz Mutige lädt das Kirchliche Forschungsheim übrigens bereits Donnerstag Mittag zum Verkosten von "Elsbeerenwasser" ein. Dem Gebräu aus den Früchten des der Lutherin zugeschriebenen Baumes werden, wie Martin Luther anno 1526 - bedauerlicherweise nur auf Latein - in einem Brief an Johann Agricola schrieb, gewisse Kräfte nachgesagt. Probieren!

20 000 Besucher zählte das Reformationsfest im vergangenen Jahr. Mit Schwund rechnen die Veranstalter - der Verein WittenbergKultur, das Luther-Zentrum und die Cranach-Stiftung - nicht. Und deshalb wird auch diesmal in Luthers Stadt die von manchen gelegentlich beargwöhnte Verbindung von Kult, Kultur und Kommerz zu beobachten sein, denn, wie es Wittenbergs Oberbürgermeister Eckhard Naumann formulierte: "Eine volle Stadt heißt auch Geschäft." Manche Läden werden also ab Mittag geöffnet sein am Reformationstag.