Porträt Porträt: Computerexperte Andreas Marx aus Magdeburg
Magdeburg/dpa. - Werden Computer von einem Virus wie «I-love- you» oder «Code Red» angegriffen und lahm gelegt, sitzt fast jeder völlig hilflos vor dem Bildschirm. Im schlimmsten Fall ist der Rechner reif für den Schrott. Gegen diese Attacken gibt es Anti- Viren-Programme. Andreas Marx aus Magdeburg testet solche Produkte. Der 24-Jährige ist Leiter des Viren-Test-Zentrums der Otto-von- Guericke-Universität Magdeburg. Der Wirtschaftsinformatik-Student gründete bereits mit 17 seine eigene Firma. Ab dem kommenden Jahr leitet er das weltweit größte unabhängige Test-Zentrum in Magdeburg.
«Den ganzen Tag Viren und Würmer zu jagen, macht mir unglaublichen Spaß», sagt Marx und kontrolliert die Arbeitsleistung eines Servers - einem Rechner, der in großen Mengen Daten speichert. «Dieser Server hier ist voll mit Viren», erklärt er. «Sie können hier drin aber keinen Schaden anrichten. Die Viren sind sozusagen in Haft und werden auch nur zu Testzwecken aktiviert», betont Marx, der mit 16 Jahren den Landeswettbewerb «Jugend forscht» gewann und beim bundesweiten Ausscheid als Fünfter abgeschnitten hatte.
Während sich Viren lokal auf einem Rechner verbreiten und beispielsweise eine ganze Festplatte löschen, vermehren sich so genannte Würmer über das Internet - zumeist über den E-Mail-Verkehr. «Sie können ganze Unternehmen still legen und großen finanziellen Schaden anrichten», sagt der Virenjäger, der bereits als Schüler Virenschutz-Programme schrieb. Weltweit habe «I-love-you» im Jahr 2000 einen Schaden von etwa 8,75 Milliarden US-Dollar hinterlassen. Neben der Qualität der Viren steige die Anzahl ihrer Attacken. «Das Verhältnis von verseuchten zu sauberen E-Mails liegt mittlerweile etwa bei eins zu hundert», schätzt Marx.
Dementsprechend groß sei das Interesse an Schutzmaßnahmen. «Anti- Viren-Programme arbeiten aber nicht alle gleich gut», betont der Magdeburger. Er prüft in Zusammenarbeit mit der Universität, ob eine Software hält, was sie verspricht: pro Jahr etwa 2000 Produkte. Die Ergebnisse veröffentlicht er wie andere Experten auch in Computer- Fachzeitschriften in Deutschland, den USA, Indien, den Niederlanden, England und Australien. Bei kniffligen Fällen dauert eine Analyse zwei bis drei Wochen. «Meist geht es aber schneller, dann werden wir nach ein paar Tagen fertig.»
Zudem schreibt Marx wissenschaftliche Aufsätze und hielt auch schon Fachvorträge auf Kongressen in Brüssel, Leipzig, New Orleans und Prag. Am liebsten beschäftigen sich er und seine vier Mitarbeiter sowie Praktikanten von der Universität aber mit den Viren und Würmern von «Angesicht zu Angesicht». So kämpft Kollege Guido Habicht gerade mit einem so genannten Trojaner.
Trojaner verbergen sich oft im Anhang einer E-Mail. «Ohne dass es dem Empfänger der elektronischen Post auffällt, deaktiviert zum Beispiel "Optix Pro" ein laufendes Anti-Viren-Programm», demonstriert Habicht. «Anschließend informiert er seinen Absender.» Dieser könne dann, ohne dass es der Email-Empfänger merkt, auf dessen Daten zugreifen. Er kann, wie Habicht und Marx an zwei Rechnern zeigen, problemlos Passworte ändern, das Schreiben der E-Mails Wort für Wort mitlesen oder den PC ganz einfach abstürzen lassen.
Zur Zeit stapeln sich bei dem Magdeburger knapp 37 000 virenfreie CD-Roms. «Wir lassen verschiedene Anti-Viren-Produkte über diese CD- Roms laufen, um herauszufinden, wie oft Programme Virenbefall melden, obwohl keine Viren da sind», erläutert Marx. So werde die Fehlerquote ermittelt. «Die Hersteller wollen ihre Produkte ständig aktualisieren und verbessern.» Ziel sei die Entwicklung einer Software, die auch einen Virus erkennt, für die sie nicht programmiert wurde.
Irgendwann will der 24-Jährige auch seine Diplomarbeit im Fach Wirtschaftsinformatik schreiben. «Da die Auftragslage sehr gut ist, bin ich dazu noch nicht gekommen.» Geplant sei auch das Abhalten von Seminaren an der Universität. Der leidenschaftliche Kaffeetrinker und Star-Trek-Fan will auf jeden Fall in der Elbestadt bleiben. «In den USA zu leben und zu arbeiten, reizt mich nicht.»