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Mitteldeutscher Verkehrsverbund Neuer Tarif - Das ändert sich für Pendler

Von Alexander Schierholz 02.02.2018, 09:31

Halle (Saale) - Pendeln kann eine umständliche Angelegenheit sein. Das wissen vor allem Berufstätige, die aus Anhalt-Bitterfeld, aus dem Kreis Wittenberg oder aus Dessau-Roßlau täglich mit dem Zug nach Halle oder Leipzig zur Arbeit fahren. Sie benötigen nicht nur eine Zugfahrkarte, sondern auch noch ein Extra-Ticket für die Straßenbahn vom Bahnhof zum Büro.

Das liegt daran, dass die genannten Kreise nicht dem Mitteldeutschen Verkehrsverbund (MDV) angehören. Im MDV gilt: ein Ticket lösen, mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln fahren.

Dessau-Roßlau, Wittenberg und Anhalt-Bitterfeld sollen in MDV integriert werden

Von diesem simplen Prinzip soll künftig auch der Osten Sachsen-Anhalts profitieren, zumindest teilweise. Der MDV-Aufsichtsrat hat am Donnerstag beschlossen, den Zugverkehr in Dessau-Roßlau sowie in den Landkreisen Anhalt-Bitterfeld und Wittenberg in den Verkehrsverbund zu integrieren.

In der Praxis bedeutet das: Wer etwa mit der S-Bahn täglich von Wittenberg nach Halle pendelt und dort seine Fahrt mit Bus oder Straßenbahn fortsetzt, muss dafür nur noch eine Fahrkarte lösen. Waren bisher ein Ticket der Deutschen Bahn und ein Ticket der Halleschen Verkehrs AG notwendig, reicht künftig ein MDV-Ticket aus.

Für die Busse und Straßenbahnen in Anhalt-Bitterfeld, Wittenberg und Dessau sollen dagegen weiterhin die Tarife der örtlichen Verkehrsunternehmen gelten.

Neues Tarif-Modell erst im Dezember 2019

Pendler müssen sich allerdings noch etwas gedulden: Wegen langwieriger technischer Vorarbeiten soll das neue Modell nach Angaben des Landesverkehrsministeriums erst mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2019 greifen. Dann löst es auch den bisherigen „Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg-Tarif“ ab, eine Art regionaler Mini-Verkehrsverbund.

Bis dahin müssen Ticketautomaten, diverse Datenbanken und Software modifiziert werden, damit die neuen Tickets vor Ort verkauft werden können.

Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass Fahrten mit Bus und Bahn im Verbund tendenziell eher günstiger sind, wobei es im Einzelfall auf die Fahrtstrecke ankommt. „Eine komplette Integration in den MDV wäre besser gewesen“, sagt denn auch Carsten Schulze, Landeschef Mitteldeutschland des Fahrgastverbandes „Pro Bahn“. Den Zugverkehr in das MDV-Ticket-System einzubeziehen, sei aber ein Anfang.

„Vereinfachung ist der Hauptanreiz, den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen“

Schulze meint: „Vereinfachung ist der Hauptanreiz, den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen.“ Insofern könne das neue Modell dazu beitragen, die Zahl der Fahrgäste zu erhöhen. Damit das gelinge, müsse das Angebot allerdings beworben werden, um auch neue Stammkunden zu gewinnen.

Zudem müssten örtliche Buslinien auf den Zugverkehr ausgerichtet werden, um gute Anschlüsse herzustellen, fordert der Bahn-Experte. Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) spricht mit Blick auf den Wirtschaftsraum im Osten des Landes von einem „guten Signal“. Mitteldeutschland wachse damit weiter zusammen. „Bahnfahren wird noch attraktiver“, so Webel.

Über einen Beitritt von Anhalt-Bitterfeld, Wittenberg und Dessau-Roßlau zum Mitteldeutschen Verkehrsverbund war mehr als zehn Jahre diskutiert worden. Auch vor der Kreisgebietsreform 2007 stand das Thema immer wieder auf der Tagesordnung in kommunalen Gremien, etwa im Kreistag des Altkreises Bitterfeld. Doch am Ende winkten die Kreise stets mit derselben Begründung ab: zu teuer.

Neue Regionen müssen kein Geld beisteuern

Das hat zu tun mit der Struktur des Verkehrsverbundes. Dieser hat die Rechtsform einer GmbH. 49 Prozent der Gesellschafter-Anteile halten Verkehrsunternehmen wie DB Regio oder die Hallesche Verkehrs AG - also diejenigen, die Züge, Straßenbahnen und Busse betreiben.

Die anderen 51 Prozent sind in den Händen der Landesnahverkehrsgesellschaft Nasa, der entsprechenden Verkehrsgesellschaften aus Sachsen und Thüringen sowie der Kreise und Städte. Bei einem Beitritt hätten Anhalt-Bitterfeld, Wittenberg und Dessau-Roßlau also Gesellschafter werden und Geld einsetzen müssen. Dazu kommt es nun nicht.

Die Einbeziehung der Bahnlinien im Osten des Landes in den Verbund ab Dezember 2019 gilt als Kompromiss. Nach MZ-Informationen hatte vor allem die Nasa vehement dafür geworben, besonders seit der Erweiterung des Mitteldeutschen S-Bahn-Netzes. Seit dem Fahrplanwechsel kurz vor Weihnachten vorigen Jahres hat Wittenberg S-Bahn-Anschluss; Bitterfeld und Dessau sind schon länger per S-Bahn erreichbar.

Bitterfeld bildet dabei ein regionales Nahverkehrs-Drehkreuz: Dort treffen sich die S 8 aus Halle und die S 2 aus Leipzig, die abwechselnd nach Dessau und Wittenberg weiterfahren. Die Nasa greift damit auf ein Konzept zurück, das es bereits vor etlichen Jahren gab, als statt der modernen S-Bahnen noch klapprige Doppelstock-Regionalzüge auf den Strecken eingesetzt wurden.

(mz)