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«Napoleon» in Leipzig «Napoleon» in Leipzig: Essen wie zu alten Zeiten

Von Ralf Böhme 30.11.2012, 17:53

Halle (Saale)/MZ. - Im Oktober 2013 jährt sich das historische Ereignis zum 200. Mal. Einen Vorgeschmack auf die große Feier vermittelt der Besuch des Gasthauses am Völkerschlachtdenkmal - Kanonen, Flaggen, in Zinn gegossene Mini-Heere. Weht hier der berühmte Hauch der Geschichte? Der Gast, der keine Minute auf das erste Bier warten muss, erfährt aus der Chronik: In diesem Gemäuer erkennt der Kaiser der Franzosen seine Niederlage. Napoleon, Befehlshaber über 191 000 Soldaten und 700 Geschütze, gibt dem Rückzugsbefehl...

Die Nase entscheidet

Rückzug? Darüber entscheidet hier und jetzt die Nase. Es riecht appetitlich nach frischem Braten. Also fällt die Entscheidung leicht - bleiben. Dann weckt freilich erst einmal die Sudanlage, die mitten im Gastraum installiert ist, die Aufmerksamkeit. Was im großen Kupfer-Kessel gärt, erfährt man ungefragt, können Interessenten in geselliger Runde später selbst zapfen. 49 Euro kostet das 10-Liter-Fass am Stammtisch. Für 15 Euro gibt es eine Biersäule - das sind drei Liter. Dazu gibt Braumeister René Jäkel gerne was zum Besten, zum Beispiel die Zutaten für eine Maische : 1 400 Liter Wasser. Dazu kommen weniger als ein Kilogramm Hopfen und schließlich gut dreieinhalb Säcke mit Malz - Gott erhalt´s ! Mit der Verpflegung während der Völkerschlacht ist es nicht weit her. Wer kann, bereichert den Speisezettel damals mit Wildbret. Daran knüpfen die Köche im "Napoleon" an - unter anderem mit ihrer Wildsuppe "Hubertus". Genau das Richtige an kalten Tagen - Fleisch vom Hirsch und kräftig-ländliche Würze sorgen für vollen Geschmack. Anders als anno 1813 wird nicht beim Pfeffer gespart. Wer gern zulangt, kann vor dem Hauptgang noch einen kleinen, gemischten Napoleon-Salat einschieben. Auffällig daran ist das aufgesetzt süße Mango-Dressing - auf alle Fälle eine Überraschung für den Gaumen. Ob es freilich jedem gefällt? Aber immerhin kann dieser Geschmack auch als Anleihe an den König von Neapel verstanden werden. Der Schwager und Berater Napoleons soll Süßes über alle Maßen geliebt haben. Gehaltvolles liefert die Brauhaus-Küche bis zum späten Abend. Verführerisch klingt das weihnachtliche Angebot. Für 22,40 Euro pro Person werden verschiedene festliche Menüs serviert inklusive warme Punschpflaumen mit Vanilleeis und Sahne. Nach Art des Hauses erscheint dann gegen Ende der Mahlzeit ein Völkerschlacht-Offizier und auf Wunsch kann ein derb-sächsischer Schlagabtausch beginnen - leider nur auf Vorbestellung.

Keine Experimente

Wer scharf auf gewagte kulinarische Experimente ist, muss anderenorts danach suchen. Im "Napoleon" stehen vor allem Klassiker gehobener Hausmannskost hoch im Kurs, beispielsweise eine ofenfrische Schweinshaxe mit Sauerkraut (9,10 Euro) oder sächsischer Sauerbraten mit gut durchgezogenem Rotkohl (10,20 Euro). Letzteren gibt es auch zur gegrillten Ente (11,90 Euro), die es mit Mutters Weihnachtsbraten durchaus aufnehmen kann. Mit goldbrauner Kruste optisch wie im Bilderbuch, geschmacklich ganz auf der Höhe - und in der Menge üppig.

Doch dieser Herausforderung muss man sich stellen, genauso wie beim Riesen-Rumpsteak mit Speckbohnen ( (15,70 Euro). Der Grund: Kleinere Portionen sind hier nicht vorgesehen, aber möglich: Wildgulasch (8,32 Euro) oder Hirschbraten (10,32 Euro) oder diverse Steaks mit Pilzen (8,16 Euro) - jeweils die reichliche Hälfte - sind nur einige Beispiele.

Übrigens, Bier trinken ist im Leipziger "Napoleon" keine Pflicht. Die Weinkarte ist zwar recht übersichtlich, doch offenkundig klug zusammengestellt. Unschlagbar: der rote Sachse vom Schloss Wackerbarth.