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Nach Beiß-Attacke  Nach Beiß-Attacke : Warum gibt es in Sachsen-Anhalt keinen Hundeführerschein?

Von Ralf Böhme 30.04.2016, 10:56
Ein Rottweiler
Ein Rottweiler dpa

Schadeleben - Wüstes Gebell, laute Schreie, dann Polizei und Rettungshubschrauber. Wenn ein Hund außer Rand und Band gerät, kann es lebensgefährlich werden. Diese Erfahrung versetzt einen ganzen Ort, Schadeleben im Salzlandkreis, in Angst und Schrecken. Weil eine 66-Jährige ihren ausgewachsenen Rottweiler nicht bändigen kann, muss ein vierjähriges Mädchen schwerste Verletzungen durch Bisse in Hals und am Kopf erleiden. Ärzte retten das Kind am Freitag in letzter Minute. Gleichzeitig rückt der schreckliche Zwischenfall eine Frage in den Fokus der Aufmerksamkeit: Warum gibt es in Sachsen-Anhalt keinen Hundeführerschein?

Es geht dabei um einen für alle Hundehalter verbindlichen Qualifizierungsnachweis, erhältlich nach einer theoretischen und einer praktischen Prüfung. So lernen Herrchen und Frauchen, wie sie verantwortungsvoll mit ihrem Vierbeiner umzugehen haben. In Niedersachsen, in der Schweiz und in anderen Ländern funktioniert das. Darauf verweist die Tierschutzorganisation Peta. Ihre Sprecherin Dörte Röhl gegenüber der MZ: „Wissen ist der beste Schutz vor Gefahren.“

Nur wer sachkundig sei, könne die Signale des Tieres richtig deuten. Außerdem hätte die Einführung eines Hundeführerscheins noch einen Vorteil: Weniger Menschen würden spontan einen Hund kaufen. Bislang landen deshalb im Jahr rund 80.000 „überflüssige“ Vierbeiner in Tierheimen. Laut Röhl gehöre viel Ignoranz dazu, wenn die Verantwortlichen solche Überlegungen ignorieren. Eine ähnliche Position nimmt der in Sachsen-Anhalt aktive Verein „Vier Pfoten“ ein.

Das Innenministerium verweist dagegen auf eine leicht zurückgehende Zahl von Biss-Attacken. Insgesamt sei es im vergangenen Jahr zu 109 Zwischenfällen gekommen, 31 weniger als 2013 - trotzdem mit 75 verletzten Menschen. 22 Vorfälle gehen auf das Konto von Schäferhunden, Rottweiler rasten weniger als zehnmal aus. Um einen Sachkundenachweis müssen sich bislang nur Besitzer von gefährlichen Hunden kümmern. Vier Rassen sind aufgelistet: Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier, Stafford-Bullterier, Bullterier. Die Prüfungsergebnisse überraschen: Viele der Hundebesitzer fallen durch, so die Landesverwaltung. (mz)