MZ-Gespräch MZ-Gespräch: Von den Eltern gelernt
Halle (Saale)/MZ. - Jeder neunte Sachsen-Anhalter ist überschuldet. Welche Ursachen hat das? MZ-Mitarbeiterin Katharina Thormann sprach darüber mit Astrid Albrecht (Foto), Schuldnerberaterin der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt.
Was bereitet Ihnen die größten Sorgen, wenn Sie an die Schulden der Sachsen-Anhalter denken?
Albrecht: Meist sind es lang andauernde Überschuldungen wie eine Autofinanzierung oder Kredite. Das Geld konnte nicht mehr zurückgezahlt werden. Betroffene sind oft arbeitslos. Die Miete wird nicht bezahlt, die Stromrechnung bleibt offen. Hinzu kommen Verlockungen durch Ratenzahlungen zum Beispiel für eine Einbauküche oder einen Kühlschrank. All das bringt Menschen in Zahlungsnot.
Es geraten auch immer mehr junge Leute in Geldnot.
Albrecht: Ja. Uns beschäftigt zunehmend die Gruppe der 18- bis 25-Jährigen. Oft kommen sie zu uns, weil sie zwei bis drei Handyverträge abgeschlossen oder beim Einkaufen mit der EC-Karte den Überblick verloren haben. Manche sind auch schwarz mit Zug oder Straßenbahn gefahren. Und nun können sie ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen.
Wie kommt es, dass immer mehr junge Leute verschuldet sind?
Albrecht: Oft sind es Probleme in der zweiten Generation, ihre Eltern waren selbst schon verschuldet. Leider wurde ihnen der Umgang mit Geld nicht ausreichend beigebracht, so dass die jungen Menschen ihr Budget oft nicht richtig einschätzen können.
Warum gibt es in Sachsen-Anhalt besonders viele Schuldner?
Albrecht: Ausschlaggebend ist die Lage des Bundeslandes. Sachsen-Anhalt ist strukturschwach im Vergleich zu Bayern oder Sachsen. Es gibt viele Bedarfsgemeinschaften, die Arbeitslosengeld II empfangen. Diese Gruppe ist am häufigsten gefährdet.
Warum sind immer mehr Frauen von finanzieller Not betroffen?
Albrecht: Häufig geraten allein erziehende Frauen in große Schwierigkeiten. Meist resultiert das aus den ehemaligen Beziehungen. Sie haben den Handyvertrag des Ex-Mannes abgeschlossen oder ihm das Auto finanziert. Obwohl der Freund oder Mann weg ist, bleibt der Kredit.
Wo können Betroffene Hilfe finden?
Albrecht: Sie sollten sich an einen Schuldner- oder Insolvenzberater wenden. Und sie sollten darauf achten, dass die Beratungsangebote kostenlos sind.
Was raten Sie Menschen, die überschuldet sind?
Albrecht: Zu allererst gilt: Man sollte nur das Geld ausgeben, was man zur Verfügung hat. Wir helfen dann dabei, einen monatlichen Haushaltsplan aufzustellen, damit sie lernen, mit dem Geld umzugehen. Zudem müsste mehr Präventionsarbeit geleistet werden, am besten schon in der Schule. Das würde weiterhelfen. FOTO: ARCHIV