1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Müllskandal im Jerichower Land: Müllskandal im Jerichower Land: Hat Ex-Landrat sich bestechen lassen?

Müllskandal im Jerichower Land Müllskandal im Jerichower Land: Hat Ex-Landrat sich bestechen lassen?

Von Alexander Schierholz 20.04.2015, 20:23
Der ehemalige Landrat des Kreises Jerichower Land, Lothar Finzelberg (parteilos)
Der ehemalige Landrat des Kreises Jerichower Land, Lothar Finzelberg (parteilos) Archiv/dpa Lizenz

Magdeburg - Lothar Finzelberg ist nicht erreichbar. Sein Telefon hat er offenbar ausgeschaltet. Dabei wäre es interessant zu erfahren, wie der ehemalige Landrat des Kreises Jerichower Landes reagiert auf den Vorwurf der Bestechlichkeit gegen ihn, jetzt, mit einigen Jahren Abstand. Ob er sich, so wie 2011, ein Jahr nach Beginn der Ermittlungen, immer noch als „Bauernopfer“ sieht, als „Sündenbock“? So hat er sich damals geäußert - und die Anschuldigungen stets bestritten.

Kassiert für Genehmigungen?

Lothar Finzelberg, parteilos, 61, muss sich ab Dienstag wegen Bestechlichkeit vor dem Landgericht Magdeburg verantworten. Es geht wieder einmal um den Müllskandal im Jerichower Land, um die illegale Entsorgung zehntausender Tonnen Abfall in den beiden Tongruben Möckern und Vehlitz. Als Landrat soll Finzelberg, so sieht es die Staatsanwaltschaft Stendal, seinen Einfluss genutzt haben, um einer Firma zu Genehmigungen für die Entsorgung zu verhelfen. Dafür soll er in den Jahren 2005 bis 2007 mindestens 262.000 Euro kassiert haben. Zum Teil soll Geld geflossen sein, zum Teil soll es nach MZ-Informationen auch um die Nutzung von Autos gegangen sein. Mit ihm sitzen zwei ehemalige Manager des Unternehmens auf der Anklagebank; der Vorwurf gegen sie lautet auf Bestechung.

Für Finzelberg, der nach seiner Nicht-Wiederwahl als Landrat im vorigen Jahr als Unternehmensberater arbeitet, geht es jetzt um alles. Zwar hatte er im Zusammenhang mit dem Müllskandal schon einmal vor dem Richter gestanden. In zweiter Instanz hatte das Landgericht Stendal den Kommunalpolitiker wegen einer uneidlichen Falschaussage in einem Landtagsuntersuchungsausschuss zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Doch im Februar kassierte das Oberlandesgericht Naumburg das Urteil wegen Formfehlern. Nun aber, im Bestechlichkeitsprozess, drohen ihm bis zu fünf Jahre Haft, bei einem besonders schweren Fall sogar bis zu zehn Jahre.

„Der Kronzeuge ist unglaubwürdig“

Andreas Meschkat ist sich ziemlich sicher, dass es soweit nicht kommen wird. „An den Vorwürfen ist nichts dran“, sagt Finzelbergs Rechtsanwalt. Er will die Anklage regelrecht auseinandernehmen. Sie stütze sich im wesentlichen auf einen Kronzeugen, der aus dem Umfeld der organisierten Kriminalität stamme und mit Hafterleichterungen und Verfahrenseinstellungen begünstigt worden sei. Die Staatsanwaltschaft habe den Zeugen „aufgebaut“, so sieht Meschkat es, dieser sei deshalb unglaubwürdig. „Ich sehe gute Chancen für einen Freispruch von Herrn Finzelberg“, sagt der Anwalt.

Ob es so einfach wird? Die Staatsanwaltschaft Stendal hat mehr als hundert Zeugen und 800 Beweismittel wie Urkunden oder Mails benannt, die Anklageschrift umfasst knapp 700 Seiten. Das Landgericht Magdeburg hat vorerst neun Verhandlungstermine angesetzt, aber bereits vorgewarnt: „Weitere Termine sind möglich.“

Und das wird nicht der einzige Prozess mit Lothar Finzelberg als Angeklagtem bleiben: Der Prozess um seine angebliche Falschaussage im Müllskandal-Untersuchungsausschuss des Landtages muss auf Anordnung des Oberlandesgerichtes von vorne beginnen. (mz)