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Mathematik? Nein, danke! Mathematik? Nein, danke!: Mint-Zahlen an Hochschulen im Land sind alarmierend

Von Walter Zöller 07.07.2020, 06:00

Merseburg - Sachsen-Anhalt braucht gut ausgebildete Fachkräfte, um für Investoren als Land der Zukunftstechnologien interessant zu sein. Da sind sich alle einig. Doch tatsächlich ist es trotz vielfältiger Bemühungen weiterhin ein großes Problem, Gymnasiasten für ein Studium zu begeistern, nach dessen Ende mit ziemlicher Sicherheit eine gut bezahlte Anstellung in der Industrie lockt.

Das ist das Ergebnis einer Analyse von Studierendenzahlen, die am Montag der Präsident des Statistischen Landesamtes, Michael Reichelt, in einer Pressekonferenz mit Wissenschafts- und Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD) in der Hochschule Merseburg vorgelegt hat.

Weniger als vor zehn Jahren

Im Mittelpunkt des Interesses stehen schon seit Jahren die sogenannten Mint-Studierenden - also junge Leute, die in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik ihre Zukunft sehen. Egal von welcher Seite man die Mint-Zahlen betrachtet, sie stimmen nachdenklich. So hatten sich im Wintersemester 2019/20 bundesweit 38 Prozent aller Studierenden in diesen Fächern eingeschrieben, an Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Sachsen-Anhalt waren es nur 31 Prozent. Davon studierten viele Ingenieurwissenschaften.

Ernüchternd fällt auch der Zehnjahresvergleich aus. Waren es im Wintersemester 2009/10 noch 18.019 junge Frauen und Männer, die auf Mint setzten, sind es im jüngsten Wintersemester noch 16.890. Davon kommt ein beträchtlicher Teil - rund 2.500 - aus dem Ausland. Diese Studierenden bereichern das Leben in den Hochschulen und den Hochschulstädten - bleiben oft nach dem Ende ihres Studiums aber nicht in Deutschland.

Willingmann:  „Brauchen mehr Studierende in Mint-Fächern“

Die Hochschulen halten im Mint-Bereich tatsächlich mehr Studienplätze vor, als eigentlich notwendig. Es gibt also keine Engpässe, die Nachfrage ist zu gering. Daran ändern auch positive Ausnahmen bei den Ausschreibungen im Zehnjahresvergleich an der Universität Magdeburg (plus 0,9 Prozent), der Hochschule Merseburg (plus 1,2 Prozent) und der Hochschule Harz (plus drei Prozent) nichts.

Zu welchen Schlussfolgerung führen diese Zahlen? „Wir brauchen mehr Studierende in Mint-Fächern“, sagt Minister Willingmann. Man habe in den vergangenen drei Jahren zahlreiche Großansiedlungen ins Land geholt und wegweisende Erweiterungen unterstützt. Als Beispiel nennt er die Batteriefabrik Farasis in Bitterfeld-Wolfen, das Karosseriewerk von Porsche in Halle und die Raffinerie von AMG in Zeitz. „Diesen Weg wollen wir fortsetzen und brauchen dafür gut ausgebildete Fachkräfte“, so Willingmann. Vor diesem Hintergrund sei der Rückgang der Mint-Studierenden „durchaus alarmierend“. Zumal auch in Sachsen-Anhalt aktuell mehrere tausend Mint-Stellen nicht besetzt werden könnten.

Minister sieht Lösungen: „Schnupperstudium“ für  Gymnasiasten

Wie lässt sich die Misere beheben? Am späteren Gehalt kann es nach Überzeugung des Ministers nicht mehr liegen. Beispielsweise Ingenieure würden in der Industrie mittlerweile gut bezahlt. Die Zeiten, in denen der Controller in Sachen Gehalt den Mint-Kollegen den Rang abgelaufen habe, seien vorbei.

Willingmann sieht mehrere Lösungsansätze: Einheimischen Studierwilligen müsse „mehr Lust auf Mint“ gemacht werden - indem Hochschulen beispielsweise Gymnasiasten ein „Schnupperstudium“ anbieten. „Warum schaffen wir es nicht, mehr ausländische Mint-Studierende nach ihrem Abschluss im Land zu halten?“, fragt er. Hier gelte es auch in manchen Unternehmen, die Willkommenskultur zu stärken. Mit Blick auf den Fachkräftemangel setzt Willingmann zudem verstärkt auf qualifizierte Zuwanderung.

Merseburg: Praktika und Olympiade

Viele Hochschulen bemühen sich indes bereits seit Jahren, um junge Leute für Mint-Studiengänge zu begeistern. Dabei gilt es aber ein dickes Brett zu bohren, wie Jörg Kirbs, Rektor der Hochschule Merseburg, erläutert. So wollen Hochschullehrer schon seit Jahren Schüler und Lehrer mit dem Projekt „Chemie zum Anfassen“ erreichen. Mit Versuchen im Labor, mit Praktika und Wettbewerben. Die Hochschule Merseburg bereitet regelmäßig die Schüler der deutschen Nationalmannschaft auf ihren Einsatz bei der Chemie-Olympiade vor. (mz)