Linkspartei Linkspartei: Ramelow siegt vor Gericht über Verfassungsschutz

Lübben/MZ - Das Bundesverfassungsgericht hat die Überwachung des Linken-Politikers Bodo Ramelow durch den Verfassungsschutz für verfassungswidrig erklärt. Das Gericht hob am Mittwoch eine frühere Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auf. Die Beobachtung eines Abgeordneten sei ein solch schwerer Eingriff in das freie Mandat, dass dies nur in Ausnahmefällen begründet sein könne.
Bodo Ramelow ist zufrieden
Der Fraktionsvorsitzende im Thüringer Landtag hatte selbst gegen seine Beobachtung durch den Verfassungsschutz geklagt. Das Verfassungsgericht hob jedoch hervor, dass die Beobachtung von Abgeordneten grundsätzlich möglich sei, wenn die Verhältnismäßigkeit gewahrt werde. Bei Ramelow sei dies nicht der Fall. Wörtlich heißt es in dem Urteil: „Ein Überwiegen des Interesses am Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Abgeordnete sein Mandat zum Kampf gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung missbraucht oder diese aktiv und aggressiv bekämpft.“
Ramelow, der zum reformorientierten Flügel der Linkspartei zählt, fühlt sich nach eigenen Worten durch das Urteil bestätigt. „Über 30 Jahre lang wurde ich ausspioniert und ausgeschnüffelt! Zehn Jahre lang habe ich geklagt, nun höre ich, dass ich in Karlsruhe gesiegt habe“, schrieb er bei Twitter. Die Parteivorsitzende Katja Kipping sagte am Rande der Klausurtagung bei Lübben im Spreewald: „Das ist ein klares Signal dafür, dass die Kriminalisierung und Beobachtung der Linken generell eingestellt werden muss.“ Schließlich gebe es immer noch Länder, in denen Parteimitglieder berufliche Einschränkungen hinnehmen müssten. Dies zielte vor allem auf Bayern ab, wo sich Bewerber für den öffentlichen Dienst von der Linken zu distanzieren haben.
Anfang 2012 war eine Liste mit 27 Bundestagsabgeordneten bekannt geworden; dies entsprach einem Drittel der Fraktion. Sie alle, so hieß es, würden aus frei zugänglichen Quellen und damit ohne die Hilfe von V-Leuten observiert. Darunter waren auch zahlreiche Reformer. Im November desselben Jahres gab Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) einen Erlass heraus. Statt flächendeckend Bundestagsabgeordnete ins Visier zu nehmen, sollte sich der Inlandsgeheimdienst nur noch auf als verfassungswidrig eingestufte Gruppen innerhalb der Linken wie die Kommunistische Plattform konzentrieren. In dem Zusammenhang könnten Parlamentarier allerdings im Visier bleiben. Dem steht auch das Urteil aus Karlsruhe nicht entgegen.
Nach Angaben der linken Fraktion sind seit den 90er Jahren noch etwa 50 Klagen von Abgeordneten gegen ihre Beobachtung anhängig - darunter auch die des unlängst verstorbenen ehemaligen Parteichefs Lothar Bisky. Diese ruhten aber zuletzt, weil der Fall Ramelow allgemein als Präzedenzfall betrachtet wurde.
SPD fordert Prüfung
Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, sagte der Mitteldeutschen Zeitung auf Anfrage: „Wichtig ist die Erkenntnis, dass es keinen Freibrief für verfassungsfeindliche Abgeordnete gibt. Das ist wichtig für eine wehrhafte Demokratie.“
Uhls SPD-Kollege Michael Hartmann erklärte: „Das Urteil stärkt die Stellung des Abgeordneten. Insofern begrüße ich es. Ich erwarte, dass das Bundesinnenministerium nun noch einmal prüft, ob es bei Art und Umfang der Überwachung bleiben kann. Zuletzt ging die Gefahr eher von rechts aus.“
Hartmann zufolge waren von der Überwachung zuletzt 20 Bundestagsabgeordnete und etwa eine Handvoll Europaabgeordnete der Linken betroffen. Der SPD-Politiker betonte: „Ich halte das nicht für angemessen.“