1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. "Liebe für alle - Hass für keinen": "Liebe für alle - Hass für keinen"

EIL

"Liebe für alle - Hass für keinen" "Liebe für alle - Hass für keinen"

Von Steffen Könau 30.03.2017, 14:12
Javaid Mubariz (5.v.l), Imam Iftekhar Ahmed (6.) und Sial Shehroz (ganz rechts).
Javaid Mubariz (5.v.l), Imam Iftekhar Ahmed (6.) und Sial Shehroz (ganz rechts). Steffen Könau

Halle (Saale) - Sial Sheroz schmunzelt über den Mann im Kaftan, der gegenüber in eine Kamera spricht. Der Student aus Frankfurt am Main kennt Sven Liebig schon, seit er zum ersten Mal einen Infostand seiner Glaubensgemeinschaft Ahmadiyya Muslim Jamaat in Halle betreut hat. „Auf einmal stand dieser Mann da und schrie ,Islam ist Frieden“, erinnert sich der junge Mann an seine Verblüffung. „Kein Imam würde so auf  offener Straße herumbrüllen.“

Aufmerksamkeit durch Kritiker

Immerhin aber verschaffte der stadtbekannte Rechtspopulist dem Anliegen der Ahmadiyya-Gemeinschaft die Aufmerksamkeit, nach der die Ende des 19. Jahrhunderts in Indien gegründete Organisation sucht - mit Infoständen, Sportveranstaltungen und in Halle nun auch mit einer Pressekonferenz. „Wir wollen mit den Menschen ins Gespräch kommen“, sagt Imam Iftekhar Ahmed, zu dessen Leipziger Gemeinde die Gefolgsleute des Gemeinschaftsgründers Mirza Ghulam Ahmad gehören.

85 Mitglieder zählt Ahmadiyya in Mitteldeutschland, andere Islam-Schulen erkennen die selbsternannte Reformbewegung bis heute nicht nur nicht an, ihre Anhänger werden in Ländern wie Pakistan sogar als Abtrünnige verfolgt, und an der Ausübung ihres Glaubens gehindert.

Das aber, betont  Iftekhar Ahmed, liege nicht am Islam, sondern ander falschen Auslegung des Koran, der seine Glaubensgemeinschaft ihre Werte entgegensetzen wolle. „Liebe für alle, Hass für keinen“, das sei das Motto, mit dem Sial Shehroz und Javaid Mubariz, Vorstand der Ahmadiyya -Jugendorganisation, in den kommenden Wochen und Monaten die Begegnung mit den Menschen suchen wollen.

Missbrauchter Glaube

„Im Westen kennt jeder irgendeinen Moslem, es gibt im Alltag oder im Job  Begegnungen miteinander“, beschreibt Imam Ahmed, der neben seinem Job als Prediger der Gemeinde an der Uni Leipzig Germanistik studiert. In Ostdeutschland dagegen gebe es so wenige Muslime, dass platte Parolen von Rechtspopulisten bei vielen auf fruchtbaren Boden fielen. „Der Islam wird als gewalttätig dargestellt und für die Taten von Terroristen, die den Koran als Begründung für ihre Morde benutzen, werden alle Muslime verantwortliche gemacht.“

Gerade als Glaubensgemeinschaft, die selbst unter innerislamischer Intoleranz zu leiden hat, will Ahmadiyya die Botschaft nach außen tragen, dass der Koran ursprünglich tatsächlich eine Lehre des Friedens verbreitet habe. „Wir wollen zurück zu diesen Ursprüngen“, sagt Imam Ahmed. Zwar ist auch er überzeugt, dass der Islam eines Tages die ganze Welt leiten werde. „Aber jeder Mensch soll den Glauben  aus innerer Überzeugung annehmen, nicht unter Druck oder  mit Gewalt gezwungen.“

Mit einem Fußballspiel gegen die Mannschaft des halleschen Vereins Roter Stern, einer  Serie von Café-Gesprächen,  einer Blutspendeaktion von Muslimen in der kommenden Woche und einem Wohltätigkeitslauf in Leipzig soll dieser tolerante Islam zu den Menschen in Mitteldeutschland gebracht werden. Keine Missionierung sei das, sondern eine Informationsoffensive. „Ich hoffe“, sagt Imam Iftekhar Ahmed, „dass uns viele Leute zuhören.“  (mz)