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Leipziger Neuseenland  Leipziger Neuseenland: Fliegen wie James Bond mit dem Jetlev-Flyer am Störmthaler See

Von Carsten Heinke 30.06.2016, 20:01
In den ersten Momenten etwas wacklig, hatte auch MZ-Autor Carsten Heinke schnell den Bogen raus und genoss - frei nach James Bond - den Flug mit der Wasserrakete über den Störmthaler See.
In den ersten Momenten etwas wacklig, hatte auch MZ-Autor Carsten Heinke schnell den Bogen raus und genoss - frei nach James Bond - den Flug mit der Wasserrakete über den Störmthaler See. Angel Belmonte

Leipzig - Ein ganz normaler Sommertag am Störmthaler See, wenige Kilometer südöstlich von Leipzig. Segelboote, Kanus, Höckerschwäne ziehen ihre Bahn. Ein Mann im schwarzen Neoprenanzug fliegt durch die Luft. Hinter ihm ein dicker Schlauch, aus dem zwei Wasserfontänen wie Kondensstreifen schießen. Bis zu über acht Meter hoch schwebt er, lässt sich baumeln, „läuft“ übers Wasser, taucht kurz unter, steigt wieder auf. Es ist Michael Salley, Fachmann für Wassersportgeräte.

Zu den neuesten und spektakulärsten zählt das, was er gerade vorführt: der Jetlev-Flyer aus Itzehoe. Das Städtchen in Schleswig-Holstein ist weltweit der einzige Produktionsstandort des innovativen, futuristisch anmutenden Fortbewegungsmittels, dessen Name sich aus „Jet“ für Düse und „lev“ für „freies Schweben“ (levitation) zusammensetzt.

100 Liter Wasser pro Sekunde

Die überwiegend aufrechte Haltung des Piloten, das Rucksackgestell wie auch das Antriebsprinzip per Rückstoß erinnern unwillkürlich an James Bond und seine Ein-Mann-Rakete. Doch während sich „007“ alias Sean Connery in dem 1965 gedrehten Film „Feuerball“ nur mittels Trick durch die Luft katapultieren konnte, ist Michaels Flug im Leipziger Neuseenland echt und liegt mit höchstens 50 Stundenkilometer weit unter Schallgeschwindigkeit. Denn nicht Raketentreibstoff, sondern Benzin und Wasser bringen ihn voran.

Das Mindestalter für einen Flug mit dem Jetlev-Vineta-Flyer über den Störmthaler See beträgt 16 Jahre. Am besten fliegen alle unter 90 Kilogramm. Die zweistündige Tour inklusive Einweisung (davon zweimal 20 Minuten im Wasser) kostet 149 Euro. Die nächsten Termine sind am 17. und 31. Juli, am 5., 6. und 28. August sowie am 11. und 24. September. Sondertermine zu individuellen Preisen sind möglich. Start ist am Vineta-Anleger auf der Magdeborner Halbinsel. Kostenlose Parkplätze stehen am Vineta-Bistro zur Verfügung. Mitzubringen sind Neoprenanzug (falls vorhanden), Badekleidung und -schuhe, Handtuch.

Sommerfreizeitangebote am Störmthaler See sind außerdem Touren mit Amphibienfahrzeugen (auch für Selbstfahrer), Exkursionen mit der Vineta-Fähre (sonntags und feiertags zwischen 10 und 17 Uhr), Seerundfahrten mit der Kleinbahn „Schlendrian“, Bootsverleih und Stand-Up-Paddling. Das Vineta-Bistro ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

Terminabsprachen und weitere Informationen im Krystallpalast Varieté Leipzig, Tel. 0341/140 660.

„Das Herz des Fluggerätes ist ein 260 PS starker Viertaktmotor in einem geschlossenen Bootskörper. Über eine Hochleistungspumpe presst er bis zu 100 Liter Wasser pro Sekunde durch einen zehn Meter langen Schlauch zu den beiden Austrittsdüsen am Rückengestell“, erklärt der Experte. Mit den zwei Bügeln, die zugleich als Armstützen dienen, bestimmt der Geräteführer selbst die Höhe und Richtung seines Flugs, den er durchaus mit kurzen „Tauchgängen“ kombinieren kann. Das Antriebsboot zieht er dabei mittels Druckschlauch immer hinter sich her. Via Funk vom Ufer aus wird lediglich die Pumpleistung gesteuert.

Warum der Jetlev-Flyer kein Massenphänomen ist

Erfunden von dem Kanadier Raymond Li, wird der Jetlev-Flyer exklusiv von der deutschen MS Watersports GmbH hergestellt. Jeder, der ein solches Gerät kauft, bekommt Michael Salley als Vorführer und Trainer quasi dazu geliefert. „Da allein der Bootskörper mit dem Motor fast 100.000 Euro kostet, sind Jetlev-Flüge kein Massenphänomen“, sagt der 46-Jährige, der gerade von einem Einsatz im jordanischen Königshaus zurückgekehrt ist. Zumindest öffentlich genutzte Geräte seien dünn gesät.

Auch in Deutschland gibt es nur sehr wenige – zwei davon seit vergangenem Jahr am Störmthaler See. Eigentümer und Betreiber ist das Krystallpalast Varieté Leipzig, dessen Geschäftsführer Rüdiger Pusch im entstehenden „Leipziger Neuseenland“ ein enormes Potenzial für Naherholung, Wassersport, Tourismus und Kultur sieht. „Seit fünf Jahren betreiben wir die ’Vineta’ als Veranstaltungsort für Konzerte, Lesungen und Hochzeiten.

Das schwimmende Objekt im Störmthaler See symbolisiert die Kirche von Magdeborn, die hier bis 1978 stand. Wie das gesamte Dorf und viele weitere Orte in den ehemaligen Braunkohlerevieren rund um Leipzig musste sie den Tagebaubaggern weichen“, erzählt der Chef des Krystallpalastes. Mittlerweile ist der nach dem Zwenkauer zweitgrößte Neu-See im Leipziger Umland für ihn zum zweiten Arbeitsplatz geworden.

Vorwärts geht’s und aufwärts!

Den ersten Veranstaltungen auf der künstlichen Insel folgten viele weitere, teils ungewöhnliche Angebote. Mit dem jüngsten macht sich der begeisterte Wassersportler Pusch nicht nur selbst eine Freude. Denn wie das erste Jahr mit den Jetlev-Vineta-Flyern zeigt, ist das Interesse daran groß.

Höchste Zeit, es endlich selber zu probieren! Die allerersten Schritte mit dem 17 Kilo schweren Gestell sind etwas wacklig. Im Wasser damit schwimmend, fühlt man zwar nicht das Gewicht. Doch schränkt es die Bewegung ein. Der Kopf ist dabei immer halb im Wasser. Linker Daumen hoch heißt: Motor an.

Die Pumpe läuft. Nun sind Balance und Fingerspitzengefühl gefragt, denn die Düsensteuer reagieren auf den kleinsten Drücker. Vorwärts geht’s und aufwärts! Die Beine baumeln bereits in der Luft. Vor lauter Freude etwas zu viel „Gas“ - und der erste Flugversuch wird von einer ungewollten Badepause unterbrochen. Beim nächsten Mal klappt es schon besser. Und wenn es auch nicht ganz so cool aussieht wie bei James Bond: Zumindest kommt man sich so vor und hat riesengroßen Spaß dabei.

„Vineta“ ist das Symbol für die Dörfer, die man der Braunkohle opferte.
„Vineta“ ist das Symbol für die Dörfer, die man der Braunkohle opferte.
Carsten Heinke
Wer wie diese junge Leipzigerin unter 60 Kilo wiegt, kann den Jetlev auch im Tandemflug erleben.
Wer wie diese junge Leipzigerin unter 60 Kilo wiegt, kann den Jetlev auch im Tandemflug erleben.
Carsten Heinke