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Polizei vor Ort Leipziger Kitas streichen Schweinefleisch: Rücksicht auf muslimische Kinder

23.07.2019, 13:32
Lebewohl, Schnitzel Wiener Art: Für Kinder in zwei Kitas in Leipzig kommt inzwischen kein Essen mehr auf den Tisch, das Schweinefleisch enthält.
Lebewohl, Schnitzel Wiener Art: Für Kinder in zwei Kitas in Leipzig kommt inzwischen kein Essen mehr auf den Tisch, das Schweinefleisch enthält. picture alliance / dpa

Leipzig - In zwei Kitas in Leipzig kommt künftig kein Schweinefleisch mehr auf den Tisch. In den Einrichtungen sind zusammengerechnet 300 Kinder untergebracht, die auch auf andere Produkte aus Schwein verzichten werden, z.B. Gelatine.

Die Umstellung: Nun verzichten alle Kinder beispielsweise auf Schweineschnitzel, Wiener Würstchen, Frikadellen und Süßigkeiten, die Gelatine beinhalten. Zuerst berichtete über den Fall die „Bild". Auf Anfragen dieser Zeitung reagierten am Dienstag weder die beiden Kitas noch die Träger-GmbH.

Dafür hat sich nach Diskussionen um die Änderung des Speiseplans die Polizei eingeschaltet. Um mögliche Gefahren abzuwehren, stehe ein Polizeiauto vor den beiden benachbarten Einrichtungen, sagte ein Sprecher am Dienstag. Die Polizei steht nach eigenen Angaben in Kontakt mit der Leitung der Kitas, welche ein freier Träger betreibt. Weitere Maßnahmen seien zunächst nicht geplant, so der Polizeisprecher.

Kita streicht Schweinefleisch: Rücksicht auf Moslems

Doch was genau steckt hinter der Änderung des Speiseplans?
Laut Informationen der Bild wird damit auf zwei kleine Mädchen im Alter von zwei und drei Jahren Rücksicht genommen. Kleine Gruppen werden in den besagten Kitas offensichtlich sehr ernst genommen. 

Das signalisiert zumindest der Chef des Kita-Trägers, Wolfgang Schäfer. Gegenüber „Bild“ sagte er: „Es wird keines der Kinder darunter leiden, auch wenn es zwei Handvoll Hardliner bei den Eltern gibt, die unbedingt ihr deutsches Mittagessen fordern." Es soll Eltern gegeben haben, die sich übergangen fühlten, da es keine Abstimmung über den Speiseplan des Nachwuchses gab. Schäfer betont, es ginge bei der Entscheidung gegen das Schweinefleisch um das „Seelenheil" der Kinder.

Nach den ersten Berichten folgten am Dienstag Drohungen gegen die beiden Einrichtungen. Das berichten Mitarbeiter gegenüber der Leipziger Volkszeitung.

Schweinefleisch an Schulen und Kitas: Schon 2016 gab es Diskussionen

Übrigens ist der Konflikt nicht ganz neu. Schon im Jahr 2016 ärgerte sich der damalige Bundesernährungsminister Christian Schmidt (CDU) über dieses Thema.

Der Politiker wollte damals nicht, dass Schweinefleisch in Schulen oder Kitas vom Menü gestrichen wird. „Jedes Kind sollte die Auswahl haben, ob es Rind-, Schweinefleisch, Fisch oder eben vegetarisch essen möchte", sagte er damals.

Kita streicht Schweinefleisch: Das steht im Koran

Warum dürfen Muslime eigentlich kein Schweinefleisch essen? Es gibt eine Passage im Koran, die den Genuss dieses Fleisches verbietet. Hier der Auszug aus der religiösen Schrift: „Verboten hat er euch nur Fleisch von verendeten Tieren, Blut, Schweinefleisch und Fleisch, worüber (beim Schlachten) ein anderes Wesen als Gott angerufen worden ist. Aber wenn einer sich in einer Zwangslage befindet, ohne etwas Verbotenes zu begehen, trifft ihn keine Schuld."

Das heißt am Ende: Es gibt religiöse Ausnahmeregelungen, die den Konsum von Schweinefleisch unter Umständen tolerieren. Befindet sich der Moslem in einer Notlage oder weiß gar nicht, dass es sich um Schweinefleisch handelt, das er gegessen hat, dann vergibt Allah dem Gläubigen den Fehltritt. (dob)

(Der Text erschien zuerst bei express.de.)