Nudeln, Klopapier und soziale Kontakte Corona-Virus in Sachsen: Supermarkt wird sozialer Treffpunkt

Leipzig - In der Corona-Krise haben Supermärkte nicht nur eine Versorgungsaufgabe, sondern für viele Menschen auch eine soziale Funktion. Damit das Einkaufen sicher bleibt, ergreifen die Ketten Maßnahmen.
Supermärkte rüsten sich für Corona
In der Corona-Krise spielen Supermärkte eine ganz besondere Rolle. Nicht nur, weil es dort hin und wieder Toilettenpapier zu ergattern gibt. Für viele Menschen beschränkt sich das soziale Leben derzeit auf den Gang zum Lebensmittelladen.
Um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor einer Ansteckung mit Sars-CoV-2 besser zu schützen, haben zahlreiche Supermärkte Plexiglas an den Kassen installiert. Auch die Supermarktkette Konsum Leipzig: An Drahtseilen hängen die Scheiben von der Decke, zum Bezahlen stehen Geld-Schälchen bereit.
Mehr Schutz für Kunden und Mitarbeiter
Durch das Plexiglas fühle sie sich geschützter, sagt Denise Kirchhöfer, die bei einer Konsum-Filiale in der Leipziger Innenstadt arbeitet. „Dadurch, dass ich mich jetzt sicherer fühle, kann ich auch wieder lauter reden, ohne Angst zu haben, dass gespuckt wird“, erklärt die 38-Jährige. Die Abtrennung erinnere sie an ihre Zeit als Lehrling 1998, als eine Schutzverkleidung noch ganz normal war.
Etwas ist aber anders heute. „Alle sind sehr nachdenklich und verunsichert“, sagt Kirchhöfer über die Stimmung ihrer Kunden. Sie halten Abstand beim Warten vor der Kasse, übertreten auch nicht die gelben Trennstreifen.
Verdi fordert Schutzmasken für Supermarktangestellte
Der Gewerkschaft Verdi gehen die Schutzmaßnahmen nicht weit genug: „Es muss endlich möglich sein, die Mitarbeiterinnen mit Schutzmasken auszustatten. Dass die Beschaffung aktuell kompliziert ist, ändert nichts an der dringenden Notwendigkeit“, sagt Bezirkssprecher Jörg Förster. Er fordert zudem eine Entlastung der Beschäftigten im Einzelhandel, die über Beifallsbekundungen hinausgeht.
Konsum habe bisher auf Mundschutz verzichtet, da dieser dazu führen könnte, dass sich die Beschäftigten vermehrt ins Gesicht fassen, erklärt Anja Malek von der Konsum-Marketingkommunikation. Die Maßnahmen würden laufend angepasst.
Mehr Arbeit durch höheres Warenaufkommen
Die Mitarbeiterinnen in den Leipziger Märkten sind zufrieden mit Handschuhen und Desinfektionsmittel. Katrin Lewik achtet darauf, den Kunden nicht zu nahe zu kommen, während sie in einer anderen, größeren Filiale der Leipziger Supermarktkette Konsum Regale einräumt. „Es ist jetzt mehr Arbeit, weil wir ein höheres Warenaufkommen haben“, sagt die stellvertretende Filialleiterin.
35 Rollbehälter kämen pro Tag in der Filiale mit 20 Mitarbeitern an - das seien zehn mehr als an gewöhnlichen Tagen, sagt Lewik. Zwar hamsterten die Kunden mittlerweile weniger, dennoch: Toilettenpapier ist nach etwa einer Stunde weg. Auch Nudeln, Hefe und Mehl seien stark nachgefragt - das Kaufverhalten bei Milch und Konserven habe sich mittlerweile normalisiert, sagt Lewik.
Auch mental sei die Arbeit derzeit anstrengender als sonst. Lewik: „Fast alle Kunden fragen nach Toilettenpapier.“ Zusätzlich mache sie sich Gedanken um ihre eigene Gesundheit. Gut täten ihr Kunden, die sie wertschätzen: Immer wieder bedankten sich Leute für die Leistung, die Lewik und ihre Kollegen jeden Tag bringen würden.
Verdi-Sprecher Förster: Verkäuferinnen werden zu „Blitzableitern“
Doch Verdi-Sprecher Förster zweifelt daran, dass die Freundlichkeit und das Verständnis der Kunden mit anhaltenden Ausnahmeregelungen anhalten. „Sollte es tatsächlich Engpässe in der Versorgung geben, werden die Verkäuferinnen zu Blitzableitern der Stimmungslage ihrer Kunden“, befürchtet er.
Auch könnten die Verkäuferinnen auf kurz oder lang an ihre Grenzen stoßen, warnt Förster. Damit das nicht passiert, müsse der Schutz vor einer Ansteckung mit dem Virus oberste Priorität haben.
Kunden zeigen Verständnis für verschäfte Coronaregeln
Im Einsehen der Kunden habe sich viel getan, beobachtet Lewik: Während vor einigen Wochen Sicherheitsmaßnahmen noch belächelt wurden, hätten die Einkäufer inzwischen Verständnis für die Regeln und hielten sich daran, sagt die Vize-Filialleiterin.
Immer mehr Menschen bezahlten mit Karte, sagt sie. Etwa 20 Menschen dürfen gleichzeitig ins Geschäft, Einkaufswagen, Kassenbänder und Griffe würden laufend desinfiziert, erklärt Malek von der Marketingkommunikation. Bislang seien keine Fälle von Konsum-Mitarbeitern, die an Covid-19 erkrankt sind, bekannt. (dpa)