Leipzig Leipzig: Uni-Rektor verteidigt Wiederaufbau des Marx-Reliefs
Leipzig/ddp. - Der Streit um das monumentale Marx-Relief derUniversität Leipzig findet kein Ende. Als die 33 Tonnen schwereBronze-Plastik im August 2006 vom Portal des Uni-Hauptgebäudesabgenommen wurde, stand bereits fest: Marx wird an einem neuenStandort wieder zu sehen sein. Doch seit der vergangenen Woche hatein Boulevard-Blatt das Thema für sich entdeckt und präsentiert baldtäglich neue mehr oder weniger Prominente vom Schriftsteller ErichLoest bis zu städtischen CDU-Politikern, die ein Einschmelzen desWerks fordern und überdies die Verschwendung von Steuergeldernmonieren. Uni-Rektor Franz Häuser wie auch die zuständigenMinisterien halten indes unbeirrt dagegen: In den nächsten Wochenwerde das Relief auf dem Campus der Sporthochschule außerhalb desStadtzentrums wieder aufgestellt.
Zahlreiche Schaulustige hatten im August 2006 die Demontage desMonuments direkt am Leipziger Augustplatz beobachtet. Seit 1974 hattedas 7 mal 14 Meter große Denkmal mit dem Namen «Aufbruch» dasHauptgebäude der damaligen Karl-Marx-Universität Leipzig geschmückt.Auch die Wende überlebte das Riesenwerk, erst als große Teile desInnenstadt-Campus abgerissen und einem 140 Millionen teuren Neubauweichen mussten, musste auch das Marx-Relief demontiert werden. Invier Teile zertrennt wurde es abgebaut und wartet seitdem darauf,wieder in der Öffentlichkeit aufgestellt zu werden. Die Universitätals Eigentümer des Reliefs favorisierte zunächst einen Standort inder Innenstadt, direkt am Studentenclub Moritzbastei, konnte sichjedoch mit der Stadtverwaltung nicht einigen. In einem Kompromisswurde dann der neue Standort an der Sport-Uni gewählt. Insgesamt solldie Umsetzung laut Staatsregierung 300 000 Euro kosten, bis März sollsie abgeschlossen sein.
Rektor Häuser betont angesichts der massiven Vorwürfe in der«Bild»-Zeitung, es sei immer klar gewesen, dass das Relief wiederaufgestellt werde. Den Forderungen nach einem Einschmelzen desDenkmals erteilte Häuser eine klare Absage. «Die Erinnerung an dieVergangenheit funktioniert nicht über die Zerstörung», sagte er. Mitdem neuen Standort am Campus in der Jahnallee etwas außerhalb desStadtzentrums sei er nicht hundertprozentig zufrieden. Man könne derUniversität schnell vorwerfen, ihre Geschichte an den Rand der Stadtdrängen zu wollen, sagte Häuser. Aber letztlich sei der Standort eineEntscheidung des Landes gewesen, der man sich angeschlossen habe.
Der Schöpfer des Kunstwerks, Klaus Schwabe, ist hingegen mit demneuen Standort zufrieden. «Es ist schön, dass das Werk wiederöffentlich gezeigt wird», sagte er. Die Forderungen nach einemEinschmelzen weist auch er brüsk zurück. «Wer sieht es schon gerne,wenn die eigene Arbeit kaputt gemacht wird.» Und seine Einwilligungdazu würde er auch niemals geben.
Leipzigs CDU-Chef Hermann Winkler indes möchte den tonnenschwerenBronze-Marx nicht wieder in der Stadt sehen. Jetzt, da er einmalabgenommen sei, sollte die Chance genutzt werden und das Relief auchaus der Öffentlichkeit verbannt bleiben. Auch das Einschmelzen hältfür eine Option.
Der Streit um Marx schmiedet in Leipzig eine seltene Koalition.Nach den Anfeindungen in der «Bild»-Zeitung sprang selbst derStudentenrat der Universität, sonst er auf Distanz zurHochschulspitze bedacht, Häuser zur Seite. Vor allem das Argument,ein Zugezogener - Häuser ist Hesse - könne den Leipzigern nicht denMarxismus erklären, wiesen sie als «Rassismus» zurück. Die Uni tuestattdessen gut daran, sich ihrer Geschichte zu stellen, sagteStudenten-Sprecherin Christin Melcher. Der neue Standort auf demSport-Campus garantiere dabei zumindest einen gewissen Teil anÖffentlichkeit, da er für jedermann zugänglich sei.