Leipzig Leipzig: Mühsame Suche nach dem Mörder
Lindenthal/MZ. - Es ist Tag fünf nach dem Tod des kleinen Mitja. Tag drei, an dem die Polizei versucht, den mutmaßlichen Mörder im Nordwesten Leipzigs einzukreisen. Um 5.30 Uhr wird die Hundertschaft abgelöst, die in der Nacht die Gegend abgeriegelt hat. Uwe K. soll nicht entkommen.
Am Vormittag weitet die Polizei das Fahndungsgebiet aus. "Wir sind jetzt sehr mobil an verschiedenen Punkten im Norden und Nordwesten Leipzigs. Jetzt müssten Streifen hier an jeder Ecke zu finden sein", sagt Sprecher Andreas de Parade. Man wolle so schneller auf Bürgerhinweise reagieren. Bis zum Nachmittag sind es 70, mit denen vom Vortag mehr als 110 - aus der ganzen Region. So werden zwischenzeitlich die Bundesstraße 184 zwischen Leipzig und Delitzsch sowie eine Landstraße bei Brodau gesperrt, Jäger-Hochsitze bei Wolteritz ebenso abgesucht wie ein Tagebaurestloch bei Radefeld.
Gärtner verunsichert
Ein Schwerpunkt und Sitz der Polizei-Zentrale aber bleibt der Leipziger Vorort Lindenthal. Dort, wo man am Montag eine Laube entdeckte, in der Uwe K. vermutlich übernachtet hatte. Seitdem zieht es verunsicherte Gärtner der Anlage "Lindenthal-West" dorthin. "Auf meinem Grundstück hinten rechts ist alles in Ordnung", erklärt ein Gartenbesitzer der Polizei. "Die Leute helfen viel, sie wollen auch, dass der Mann schnell hinter Gitter kommt", sagt ein Beamter.
Als eine ältere Frau mitten im Ort aufgeregt auf einen leer stehenden Schuppen hinter ihrem Haus zeigt, sind sofort Polizisten zur Stelle, die sich durch zerstörte Türbretter zwängen. In Lindenthal breitet sich Angst aus. Beim Bäcker, in der Apotheke: Überall hängen Fahndungsplakate. "Viele Eltern bringen ihre Kinder jetzt selbst in die Schule", erzählt die 29-jährige Daniela Kühnel. Die Kinder ihrer Schwägerin, zwölf Jahre alt, dürfen das Grundstück ohne Begleitung nicht mehr verlassen. "Das ändert sich erst wieder, wenn man definitiv weiß, dass er geschnappt ist."
Bei Regine Hahmann ist es ruhiger als sonst. Die Vorsitzende des Reitvereins "Araberhof" wohnt abgelegen zwischen der Gartenanlage und einem Wald, den die Polizei am Montag durchkämmt hatte. "Dienstag sind etliche Kinder nicht zum Training gekommen", erzählt sie. Das nächste ist am Donnerstag. "Hoffentlich haben sie ihn bis dahin." Solange setzt Hahmann darauf, dass Schäferhund Kessy sie bei Gefahr warnt.
Die Polizei schließt zwar einen Selbstmord von Uwe K. nicht aus, hält es aber auch für möglich, dass sich der 43-Jährige noch in dem Wald versteckt. "Es gibt immer wieder Hinweise auf dieses Gebiet", sagt Sprecherin Silvaine Reiche am Nachmittag. Mutmaßungen über ein neues Nachtlager von K. werden aus ermittlungstaktischen Gründen nicht bestätigt. Doch die Polizei ändert ihre Taktik erneut, konzentriert die Hundertschaft wieder auf Lindenthal.
Wald durchkämmt
Bis zu 150 Beamte sind den ganzen Tag über im Einsatz. Sie durchkämmen am Nachmittag noch einmal das früher für Armee-Übungen genutzte Waldstück, in dem Uwe K. in Bunkern oder Erdmulden viele Versteckmöglichkeiten hat. Erstmals kommen auch vier Pferde der Dresdener Reiterstaffel zum Einsatz - sie sind in dem unwegsamen Gelände schneller unterwegs. Am Mittwoch werden zwei weitere Pferde aus Dresden erwartet.
"Wenn er hier wäre, hätten sie ihn doch schon finden müssen", meint Einwohnerin Eleonora Baier (64). Die Suche sei aufwändig und gründlich, entgegnet Polizeisprecher de Parade. Das Fahndungsgebiet ist mehrere Quadratkilometer groß. Auch in der Nacht bleibt die Polizei vor Ort, riegelt das Gebiet wieder ab. "Wir haben rund um die Uhr eine Hundertschaft zur Verfügung. Der Druck auf den Mann ist immens", so de Parade. Aber auch der auf die Polizei. "Frustrierend" nennt eine Beamtin am Abend die Tatsache, dass Uwe K. noch auf der Flucht ist.