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Weihnachten in Deutschland Weihnachten in Deutschland: Azubis aus Indonesien kennen keinen Schnee

Von Ilka Hillger 22.12.2018, 07:45
Renaldi Hirawan (re.) und Arlo aus Indonesien verbringen das Weihnachtsfest in Wörlitz.
Renaldi Hirawan (re.) und Arlo aus Indonesien verbringen das Weihnachtsfest in Wörlitz. Thomas Klitzsch

Wörlitz - Die Heimat ist rund 11.000 Kilometer entfernt. Da macht man sich nicht einfach mal auf den Weg für einen Weihnachtsbesuch. Renaldi Hirawan und Arlo bleiben in Wörlitz und skypen mit der Verwandtschaft. Indonesien muss noch eine Weile warten, bis es die jungen Männer wieder sieht.

Arlo und Renaldi arbeiten in der Küche des Hotels „Zum Stein“. „Das sind die Jungs“, stellt Küchenchef Bert Freier seine beiden Auszubildenden vor. Seit dem Frühjahr sind die jungen Männer in Deutschland und lernen hier Koch.

Mit ihnen sind es immerhin sechs junge Leute aus Indonesien, die derzeit eine Ausbildung im Wörlitzer Hotel absolvieren, in der Küche oder auch im Servicebereich. Fernab der Heimat sind sie also nicht ganz allein, und Zeit für Heimweh bleibt Arlo und Renaldi ohnehin kaum. „Hier geht alles zack, zack, zack“, sagt der 23-jährige Renaldi Hirawan, der seine Heimat im Mai verließ, um in Deutschland seine Kochkünste zu verbessern. „Ich möchte Erfahrungen sammeln“, erzählt er.

Die Weihnachtsgerichte, die in diesen Wochen die Küche des Wörlitzer Hotels verlassen, gehören jedenfalls zu nur einer von vielen Überraschungen für die angehenden Köche. Rotkohl, Grünkohl und Klöße waren ihnen bislang gänzlich unbekannt. „Aber es schmeckt“, versichern beide. Ente, so erzählen sie, werde hier ganz anders zubereitet als in Indonesien.

Einfache Gerichte

„Bei uns wird schnell und einfach gekocht“, sagt Arlo. Der 19-Jährige kam im März nach Deutschland. Für den Katholiken ist es das erste Weihnachtsfest, das er ohne seine Familie feiert. Deshalb sagt er auch: „Ich brauche kein ,Frei’“. Also wird Arlo ebenso in der Küche stehen wie Renaldi, der als Muslim dem Weihnachtsfest ohnehin nicht die Bedeutung zumisst wie sein Landsmann.

Der Inselstaat Indonesien gilt mit 200 Millionen muslimischen Bewohnern als weltweit größter Staat mit dieser Religionszugehörigkeit. Römisch-katholische Christen wie Arlo machen gerade einmal drei Prozent der Bevölkerung aus.

Die deutschen Traditionen rund um das Weihnachtsfest gefallen freilich beiden jungen Männern. „Die Weihnachtsmärkte sind interessant. Da gibt es viele schöne Sachen, mir gefällt vor allem die Holzkunst“, sagt Renaldi Hirawan.

Einig sind sich beide darüber, dass vor allem Schnee schön sei, wenn es denn welchen gibt. Daheim sind es Wattebäusche in Weihnachtsbäumen, die die echten Flocken ersetzen. Wird in Indonesien Weihnachten gefeiert, berichtet Arlo, dann erhalten lediglich die Kinder Geschenke.

Die entsprechende Dekoration zum Fest findet sich in Südostasien, wo sich Indonesien auf mehr als 17 000 Vulkaninseln verteilt, vor allem in den großen Städten. Renaldi Hirawan stammt aus solch einer, Bandung ist eine Millionenstadt. Das kleine Wörlitz habe ihn deshalb durchaus überrascht.

Inzwischen hat der 23-Jährige jedoch auch die Vorzüge schätzen gelernt. „In einer großen Stadt gibt es viel mehr Ablenkung, hier kann ich mich gut auf die Ausbildung konzentrieren“, sagt er.

Mit der ist Küchenchef Bert Freier bei seinen beiden Schützlingen mehr als zufrieden. Das theoretische Wissen erhalten die jungen Männer in der Dessauer Berufsschule, die Praxis lernen sie im Hotel.

„Mit der Sprache klappt es schon sehr gut“, findet Küchenchef Freier. Einen Deutschkurs mussten die beiden jungen Männer als Grundvoraussetzung für ihren Aufenthaltstitel bereits am Goetheinstitut in ihrer Heimat belegen.

Den Ausbildungsplatz fanden sie mit Hilfe einer Vermittlungsagentur. Mit solcher Unterstützung hat das Wörlitzer Hotel in der Vergangenheit bereits eine Gruppe Slowaken ausgebildet, nun habe man sich für indonesische Kollegen entschieden, so Freier. Die Indonesier leben in einer Wohngemeinschaft und waren bei ihrer Ankunft überrascht, so erzählt Arlo, auf derart viele Landsleute zu treffen.

Nachwuchs ist willkommen

Viele der jungen Leute wollen nach der Ausbildung im Hotel bleiben. Auch bei den beiden Indonesiern ist das so. „Wir bilden schließlich für uns aus“, sagt Bert Freier. Der Bedarf an Nachwuchs in allen Sparten der Hotellerie sei groß, könne aber mit Auszubildenden aus Deutschland längst nicht gedeckt werden.

So kochen an diesem Weihnachtsfest also auch zwei Weitgereiste die traditionellen Menüs im Hotel „Zum Stein“. Und womöglich wird man den jungen Männern auch mal Gelegenheit geben, sich mit indonesischen Köstlichkeiten vorzustellen. (mz)