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Von der Chefsekretärin zur Kosmetikerin Von der Chefsekretärin zur Kosmetikerin: "Ich habe meinen inneren Frieden gefunden"

Von Ute Otto 13.10.2017, 08:25
Mit dem mobilen Kosmetikstudio kommt Jeanin Muñoz-Thiel aus Zahna zu den Kunden ins Haus.
Mit dem mobilen Kosmetikstudio kommt Jeanin Muñoz-Thiel aus Zahna zu den Kunden ins Haus. Otto

Zahna - Zehn Monate nach dem Schritt in die Selbständigkeit mit ihrem mobilen Kosmetikstudio fühlt sich Jeanin Muñoz-Thiel als anderer Mensch. „Ich habe meinen inneren Frieden gefunden“, sagt die 39-Jährige. „Zuletzt“, bekennt sie freimütig, „war ich schon ziemlich depressiv“.

2002 ist die gebürtige Thüringerin mit ihrem Mann, einem Berufssoldaten, in die Region gezogen, zunächst nach Schönewalde, später nach Wittenberg und vor zehn Jahren dann nach Zahna. Mit dem ersten Umzug gab die gelernte Bürokauffrau ihren Job als Chefsekretärin eines größeren Unternehmens in Westdeutschland auf. Die Chancen, hier in ihrem Beruf Arbeit zu finden, waren zu jener Zeit denkbar schlecht.

Und sie wurden nicht besser, nachdem die beiden Söhne, heute 14 und zehn Jahre alt, geboren waren und die junge Frau und wegen der Auslandseinsätze ihres Mannes quasi alleinerziehend war. „Ich war also Mutter, Hausfrau und Gelegenheitsjobberin.“

Beim Aushilfsjob fand die 39-Jährige ihre Bestimmung

Erfüllend fand sie das nicht. Immerhin hat ihr ein Aushilfsjob in der Parfümerie des Wittenberger Arsenals geholfen, ihre Bestimmung zu finden. „Ein Händchen fürs Schminken habe ich schon gehabt. Die Kunden zu beraten, ihnen zu helfen, sich schön zu machen, das hat mir gut gefallen.“

Ihr Mann habe ihr zugesprochen, als sie ihm eröffnete, eine Ausbildung als Kosmetikerin zu machen, auch wenn sie die vollen Kosten selbst tragen mussten. Es war ein Fernstudium mit regelmäßigen Praxisteilen in Bad Münster. „Das wichtigste war für mich der staatlich anerkannte Abschluss“, erzählt sie. „Es dient der Sicherheit der Kunden. Schließlich ist die menschliche Haut ein Organ, da kann man viel Schaden anrichten.“

Mit dem Abschluss in der Tasche hängte sie noch eine Ausbildung zur Visagistin dran. „Kosmetik ist die Behandlung der Haut, Visagist die ganze Palette des Make ups“, erklärt sie den Unterschied. Im Internet wurde sie auf das Förderprogramm „Weiterbildung direkt“ des Landes Sachsen-Anhalt aufmerksam. Und tatsächlich hatte ihr Antrag Erfolg: 90 Prozent der Weiterbildungskosten durch ein Münchner Institut hat ihr das Land zurückerstattet.

Letzter Anstoß für die Selbstständigkeit kam von der Großmutter

Den letzten Anstoß sich selbständig zu machen, „hat mir meine Großmutter gegeben, als ich an ihrem Sterbebett saß“. Ab 1. Januar 2017 habe es dann geheißen „hopp oder topp“. Die Bilanz, die Jeanin Muñoz-Thiel seither für ihr Geschäft zieht: „Einen kleinen Kundenstamm kann ich schon verbuchen.“ Neun Bräute habe sie für den großen Tag zurecht gemacht, eine Silberbraut und eine ganze Band zum ein Foto-Shooting für das Cover der neuen CD.

Berufstätige und ältere Leute nehmen es gern an, dass die Kosmetikerin mit der gesamten Ausrüstung, von der Liege angefangen, zu ihnen nach Hause kommt. Mitunter wird aber auch Muñoz Wohnzimmer zum Kosmetikstudio. „Manche möchten mal raus aus ihren vier Wänden.“ Der eigene Salon steht bei ihr noch unter den Rubrik Zukunftstraum. Ob sie zukünftig verstärkt die Kosmetik-Schiene bedient oder als Visagistin unterwegs ist, werde die Zeit bringen.

Quartalsweise bietet sie Schminkseminare an. Dann sitzen sechs Frauen hinter Spiegeln bei ihr am Familientisch und lernen unter ihrer Anleitung, den jeweils passenden Schminkstil zu finden. Für ihren Mann und die Söhne ist das Wohnzimmer solange Tabu. Die gehen ihren Hobbys nach. „Ich habe eine tolle Familie“, sagt die Zahnaerin. (mz)