Volleyball Volleyball: Bis nach Kambodscha
Gross naundorf/MZ. - Dennoch fühlt sich der Groß Naundorfer in seiner angestammten Heimat am wohlsten.
Nicht glücklich in der Fremde
Dabei war er bereits woanders zu Hause. Der Landkreis Lindau im Allgäu gehört zu den schönsten Urlaubsregionen Deutschlands. Nicht wenige Gäste, die hier entspannen, wünschten sich, dauerhaft bleiben zu dürfen. Für Steven Wygasch wurde dieser Traum Realität. Unmittelbar nach Beendigung der Schule zog er in den Süden Bayerns, um sich dort einen neuen Lebensmittelpunkt zu schaffen. Glücklich wurde er in der fremden Umgebung allerdings nicht. Wohl auch deshalb, weil sich kein Volleyballverein fand, in dem er sich seinen Vorstellungen entsprechend einbringen konnte. Weswegen es ihn wieder zurück nach Groß Naundorf zog.
Volleyball spielen heißt für Steven Wygasch, mehr als nur aktiv zu sein. Sport bietet ihm die Chance, trotz einer körperlichen Einschränkung Höchstleistungen zu erbringen und mit ihnen Anerkennung zu erfahren. Seit seiner Geburt leidet der 21-Jährige unter "Plexus brachialis", der sogenannten Plexuslähmung. Infolge dessen kann Wygasch seinen rechten Arm nur eingeschränkt bewegen. Dass er beim Volleyballspiel dennoch immer zu den Besten seiner Altersklasse gehörte, zeigt, welches Potential in dem jungen Mann steckt. Eine Mitgliedschaft beim SV Groß Naundorf, der diese Sportart seit vielen Jahren auf hohem Niveau ausübt, war für ihn deshalb ein schon folgerichtiger Schritt.
Seit 2001 trainierte Steven Wygasch regelmäßig. Anfangs unter den Fittichen von Reinhard Pfeil, später unter dessen Sohn Matthias Berg. Dass Wygasch dabei den Sprung von Groß Naundorf auf das internationale Parkett schaffte, verdankt er seinem Talent, aber auch einem Zufall. Der Trainer eines Dresdener Volleyballteams, das 2005 in Groß Naundorf ein Trainingslager absolvierte, erkannte die Begabung von Steven Wygasch und empfahl ihn Atanasius Papageorgiou, einem Griechen, der Coach der deutschen Volleyballnationalmannschaft im Behindertensport ist. Ein anschließendes Sichtungstraining bestätigte die Vermutung des Sachsen und ebnete Wygasch schließlich den Weg in einen sportlichen Traum.
Sprung ins Nationalteam
Neben dem regulären Training beim Heimatverein traf sich der Jugendliche fortan regelmäßig auch mit Mitgliedern des Nationalteams. An diesen Leistungswochenenden nahmen neben den Trainern auch Physiotherapeuten, Ärzte und Mannschaftsmanager teil. Verglichen mit den bescheidenen Bedingungen in Groß Naundorf war dies ein großer Sprung. Dank dem Wygasch die Welt kennenlernen durfte. Trainingslager und Leistungsvergleiche in fernen Ländern gehörten für ihn nunmehr zum sportlichen Programm ebenso wie die Teilnahme an Weltmeisterschaften. Schon im ersten Jahr seiner Zugehörigkeit zum Kader, 2006, kehrte Wygasch von der WM in den Niederlanden als Vizeweltmeister nach Hause. Bisheriger Höhepunkt für ihn war das Jahr 2007, in dem es die Mannschaft bei der WM in Kambodscha zum Titelgewinn schaffte. Der Umzug nach Bayern, fehlende Trainingsmöglichkeiten und die Konzentration auf den Job ließen das Abenteuer Nationalmannschaft danach allerdings in den Hintergrund rücken. Eine Situation, die Steven Wygasch nicht befriedigte. Im Herbst letzten Jahres packte er deshalb die Koffer und verlagerte seinen Lebensmittelpunkt wieder in vertraute Gefilde. Eine Wohnung in Annaburg und die stete Teilnahme am Training der Groß Naundorfer Volleyballer sollen ihm ebenso beim Neustart helfen wie eine in Aussicht stehende Lehre in Jessen.
Rückkehr ist geplant
Auch die Rückkehr zur Nationalmannschaft ist erneutes Thema. "Ein Mitspieler hat mich bereits angerufen und gefragt, ob ich nicht Lust hätte, wieder mitzuspielen", berichtet er erfreut. Seither trainiere er noch ehrgeiziger als zuvor, sagt Heimtrainer Matthias Berg, den die Rückkehr seines Schützlings fröhlich stimmt. Immerhin gilt es für das Team, das in der Landesliga Süd derzeit im sicheren Mittelfeld rangiert, auch den Weggang seines Leistungsträgers Christian Brückmann zum MTV Wittenberg zu kompensieren.
Wohl wissend, was er dem Sport zu verdanken hat, will Wygasch sich in Zukunft auch der Ausbildung des Volleyballnachwuchses widmen. Seine Erfahrungen aus der Nationalmannschaft können ihm dabei sicher helfen. Zumal er mit ihr noch einige weitere Titel gewinnen möchte.