Urteil zu Kinderbetreuung Urteil zu Kinderbetreuung: Wittenberg scheitert vor Bundesverfassungsgericht

Wittenberg/Karlsruhe - Das Kinderförderungsgesetz (Kifög) in Sachsen-Anhalt ist rechtens. Am Dienstag sind acht Kommunen (darunter auch Wittenberg), die in der gesetzlichen Neuregelung einen verfassungswidrigen Entzug von Aufgaben sehen, mit einer Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gescheitert.
Die Richter begründeten ihre Entscheidung u. a. damit, dass bei „verfassungskonformer Auslegung der angegriffenen Regelung“ den Gemeinden „umfangreiche Zuständigkeiten im Bereich der Kinderbetreuung“ verbleiben. Wittenbergs Oberbürgermeister Torsten Zugehör kritisierte gegenüber der MZ das Urteil, es habe „keinen Realitätsbezug“.
Der parteilose Jurist war selbst nach Karlsruhe gefahren; eine Stunde habe die Begründung des 59 Seiten umfassenden Urteils gedauert. Auf 55 Seiten, so Zugehör, gehe es um eine Stärkung der Selbstverwaltung, dann jedoch „bricht das Urteil“.
Zugehör nannte das Kifög ein „Lobbyistengesetz“, es stärke die freien Träger zu Lasten der Kommunen und Eltern. Unter Hinweis auf das Haushaltsdefizit der Lutherstadt räumte er ein, dass er die Folgen des Karlsruher Urteils „noch nicht abschätzen“ kann. Zu einer möglichen Erhöhung der Elternbeiträge erklärte er: „Es wäre unseriös, jetzt dazu eine Aussage zu treffen.“
Noch für Dienstagabend kündigte Zugehör eine Informationsvorlage für die Stadträte an. Von alledem abgesehen müsse das Urteil, dass man akzeptiere, noch „in Ruhe“ ausgewertet werden. Als nächste Schritte nennt Zugehör Gespräche mit dem Städte- und Gemeindebund sowie Landkreistag. Sprechen müsse man zudem mit dem Land. - Die Gesetzesänderungen zum Kifög (Übertragung von Aufgaben der Kommune auf den Kreis) waren 2013 in Kraft getreten.
Dass das Vorgehen finanziell nicht in Ordnung war, weil es in die Finanzhoheit der Kommunen eingreife, hatte bereits ein anderes Gericht festgestellt (die MZ berichtete). Damals hatten die Richter gefordert, das Gesetz nachzubessern - oder, um Zugehör zu zitieren, für eine „auskömmliche Finanzierung zu sorgen“.
Tatsächlich soll das Kifög 2018 inhaltlich überarbeitet werden. Wie Sachsen-Anhalts Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) Dienstagnachmittag in einer Mitteilung erklärte, sollen „transparente Lösungen im Miteinander aller Beteiligten gefunden werden“. Das Karlsruher Urteile begrüßte sie als „wichtige Klarstellung“. (mz)