Taufe bei Schaustellern und Zirkusleuten: Taufe bei Schaustellern und Zirkusleuten: Weihe in buntem Ambiente

Elster - Glockengeläut erfüllt den mit Luftballons und Bändern in Weiß, Rosa und Hellblau geschmückten Elsterlandsaal in Elster, doch das Stimmengewirr, Rufen und Lachen von Kindern und Erwachsenen will nicht verstummen. Zu groß ist die Aufregung, zu ungewöhnlich der Anlass: 23 Kinder aus Zirkus- und Schaustellerfamilien sollen an diesem Samstagnachmittag die Taufe empfangen.

Mit Eltern, Paten und Gästen sind gut 300 Menschen im Saal. Sie kommen aus Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg, tragen unterschiedliche Familiennamen, aber „wir sind hier alle irgendwie miteinander verwandt“, sagt Familienvorstand Walter Meritz, ein freundlicher älterer Herr aus Herzberg, der früher Bärendompteur im Zirkus Hein war. Seine Frau Angelika ist eine geborene Sperlich.

Gerade waren die Anwesenden der Aufforderung gefolgt, sich einen Sitzplatz zu suchen, da wuselt doch wieder alles durcheinander: Der Einzug der Täuflinge, vorneweg die kleinsten im E-Auto, ist ein Bild für die Götter und muss einfach mit Kameras festgehalten werden. Die Dimension einer solchen Familienzusammenkunft zu besonderen Anlässen ist für Conrad Herold, Schaustellerseelsorger der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland (EKM) nicht neu.

Doch dass er so viele Kinder auf einmal taufen würde, „hätte ich mir nicht träumen lassen. Aber es gehört ab heute zu meinen schönsten Träumen“, sagt er zu Beginn des Gottesdienstes.

Ausgelöst hatten das Angelique Leyseck und Jeffrey Meritz. Bei einem Besuch des Pfarrers während eines Engagements in Memleben haben sie ihm erzählt, dass sie ihr damals noch ungeborenes Kind unbedingt taufen lassen möchten. „Ich bin evangelisch getauft und ich möchte den Glauben unbedingt an meine Tochter weiter geben“, so die junge Frau gegenüber der MZ.

Im Juni 2017 wurde Grace geboren. „Bei der ersten Absprache hat sie gefragt, ob noch weitere vier Kinder hinzu kommen könnten“, berichtet der Pfarrer. Je konkreter die Pläne für den 13. Januar reiften, um so mehr Täuflinge seien es geworden. „Ich bin oft gefragt worden, wie ich das denn machen werde“, so Herold.

„Mir wurden Gießkannen angeboten, eine Feuerwehrspritze, Gartenschläuche.“ Aber die Taufe bemesse sich nicht an der Menge des Wassers, sondern am Wohl des Täuflings, sagt der Pfarrer.

Er hat eine Taufschale mitgebracht. Es sei kein besonderes Wasser: „Gott schließt hier mit dem Wasser aus Elster seinen Bund“, sagt er, als er es in die Schale gießt. Gefragt, ob es für diesen Akt nicht einen geweihten Raum brauche, sagt der Geistliche: „Der Raum wird durch die Menschen geweiht, die zusammenkommen.“

Familienweise werden die Täuflinge, ihre Eltern und die Paten nach vorn gerufen, getauft wird jedes Kind einzeln. Für jeden Getauften wird auf dem improvisierten Altar eine Kerze entzündet und jeder erhält eine Taufurkunde mit einem Bibelspruch fürs Leben.

Es gibt unterschiedliche Urkunden für die Angehörigen der Schausteller- und Zirkuszunft. Täuflinge, die schon das 14.  Lebensjahr erreicht haben, werden anschließend mit weiteren dafür angemeldeten Jugendlichen gleich konfirmiert.

Laut und fröhlich bleibt es während der gesamten Zeremonie. Er habe damit kein Problem, versichert der Pfarrer. Die Aufnahme in die Glaubensgemeinschaft sei doch ein freudiger Anlass. Und die anschließende Familienfeier ist die Fortsetzung der großen Party vom Vortag. Da wurden an der gleichen Stelle, auch von Pfarrer Herold, Olivia Meritz und Gino Gerste getraut. (mz)