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Schule im Landkreis Wittenberg Schule im Landkreis Wittenberg: So reagieren Lehrer auf Vorschläge aus Berlin

Von Irina Steinmann 11.04.2018, 10:50
Digitaler Alltag. Schüler der 11. Klasse lernen in der Pause mit dem Handy, hier vor dem Gymnasium in Gräfenhainichen.
Digitaler Alltag. Schüler der 11. Klasse lernen in der Pause mit dem Handy, hier vor dem Gymnasium in Gräfenhainichen. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Bei Ines Petermann rennt die neue Ministerin offene Türen ein. Gut, sehr gut sogar finde sie die Vorschläge von Anja Karliczek (CDU), sagt die Direktorin der Wittenberger Gemeinschaftsschule Friedrichstadt. Karliczek hatte sich in der Karwoche wie berichtet in einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ für grundlegende Änderungen im bundesdeutschen Schulwesen ausgesprochen.

In die Schlagzeilen anderer Medien schafften es insbesondere ihre Vorschläge, den bisher üblichen Fächerkanon durch Zusammenlegungen komplett zu verändern und die Digitalisierung mittels Einsatz schülereigener Endgeräte wie Handys und Tablets voranzutreiben, letzteres zu Lasten der althergebrachten Bücher. Sie habe „als Elternvertreterin nie verstanden, warum Fächer getrennt voneinander unterrichtet werden. Politik, Geschichte und Literatur - das gehört doch zusammen!“, hatte Quereinsteigerin Karliczek im „Zeit“-Interview gesagt.

Schreiben an Ministerin

Genau so sei es, sagt Sozialdemokratin Petermann und bildet damit in diesem Punkt quasi eine kleine Große Koalition mit der Ministerin. „Ich unterstütze das sehr“, erklärt die Leiterin der Gemeinschaftsschule und kündigt entsprechend auch ein Schreiben an die Ministerin an.

In Teilen, sprich innerhalb der bisher bestehenden Grenzen und also projektbezogen, werde fächerübergreifendes Lernen an ihrer Bildungseinrichtung schließlich bereits seit Jahren mit Erfolg praktiziert. Da sei aber mehr drin, hofft Petermann auf Karliczek.

Nicht alle teilen diese Hoffnung. „Wir sind da konservativ“, sagt Bernd Ludlei, Direktor des Lucas-Cranach-Gymnasiums (LCG) in Piesteritz. „Das Zusammenlegen von Fächern gibt es in anderen Ländern schon“, mit „unterschiedlichen“ Erfahrungen, wie Ludlei erklärt - und der Erfahrung in Piesteritz etwa, dass von dort ans LCG wechselnde Schüler Schwierigkeiten in Chemie und Physik bekommen hätten.

Eine Zusammenlegung von Fächern finde er daher „auf keinen Fall“ gut, im Übrigen auch nicht in den Geisteswissenschaften. „Was für ein Wahnsinnswust an Wissen“ sollte denn das dann werden? Er habe im Übrigen den Verdacht, so der Direktor, der auch Landesvorsitzender der Vereinigung der Schulleiter an Gymnasien ist, dass hinter solchen Vorschlägen vielmehr „Einsparpotenzial“ bei der Lehrerausbildung stecke.

Zur Stärkung des interdisziplinären Ansatzes, den Karliczek mit ihrem Fächerfusionsvorschlag ja anstrebt, wäre auch eine bessere Interaktion der einzelnen Fachlehrer geeignet, sprich, dass der eine weiß, was der andere gerade in seinem Unterricht durchnimmt.

Lehrbuch digital

Positiv beurteilen, mit leicht unterschiedlicher Gewichtung und Beurteilung des Status quo, unterdessen sowohl Petermann aus auch Ludlei den Vorstoß der Bildungsministerin für einen stärkeren Einsatz (eigener) digitaler Endgeräte im Unterricht.

Wenn es darum geht, „Lehrbücher digital vorliegen zu haben“ - also wie ein E-Paper anstelle der Printausgabe einer Zeitung etwa - könne er „absolut mitgehen“ - das erspare Schlepperei und Aktualisierung und erleichtere zudem die Internet-Recherchen der Schüler.

Ziel der digitalen Bildung wiederum sei das Erlernen eines kritischen Umgangs mit diesen Medien, bei Lehrern und Schülern. Dass Kraliczek, wie sie es selbst formuliert hatte, nicht vorhat „flächendeckend Tablets über den Schulen abzuwerfen“, sondern auf die privaten Schülergeräte zu setzen, begrüßen ebenfalls beide Wittenberger Schuldirektoren. Schon allein wegen des „technischen Supports“, den sonst die Schule zu bewerkstelligen hätte.

Dass man mit Eigentum pfleglicher umgeht, spiele hier, so Ludlei, natürlich auch eine Rolle. Deutlicher als ihr Piesteritzer Gymnasialkollege kritisierte Petermann unterdessen die allgemeinen Voraussetzungen für die Nutzung digitaler Instrumente an den Schulen.

Wie Tisch und Stuhl

Diese seien hierzulande - und gerade auch in Sachsen-Anhalt - noch längst nicht so selbstverständlich wie „Tisch und Stuhl“, fordert Petermann „Mindeststandards“ und W-Lan überall in den Schulhäusern. Auch das dürfte voraussichtlich in dem Ermunterungsschreiben stehen, das Petermann in Kürze an ihre Bundesministerin schicken möchte.

„Wir warten natürlich alle auf einen richtig schnellen Internetanschluss“, sagt LCG-Direktor Ludlei, der seine Schule ansonsten „einigermaßen“ ausgestattet sieht. „Jeder der will hat ’nen Beamer zur Verfügung“ und kann seine eigene Power-Point-Präsentation erstellen.

Marie gefällt’s

Und was sagen eigentlich die Schüler zu den Ideen der Ministerin? Nehmen wir Marie Thielemann aus der 8 a und Schülersprecherin an der Gemeinschaftsschule Friedrichstadt. Sie fände es „praktisch“, sagt die Jugendliche, wenn beispielsweise Bio und Chemie, aber auch Sozialkunde und Ethik in einem Fach gelehrt würden, wegen der Schnittmengen.

Und „richtig gut!“ gefällt Marie die Vorstellung, künftig im Unterricht das eigene Smartphone einzusetzen. Dann kann man, zum Beispiel, „in Geschichte ein Wissensvideo gucken auf Youtube“. (mz)