Pferdesport Pferdesport: «Kleines Mädchen» auf Europas Thron
GRÄFENHAINICHEN/MZ. - Für die 14-jährige Virginia von Keitz geht in ein paar Tagen ein erfolgreiches Jahr zu Ende. Das Mädchen, das seit vier Jahren in der Buchholzmühle wohnt und die Natur so täglich hautnah erlebt, hat im August auf dem "Schlossgestüt Nienover" in Bodenfelde bei Göttingen ein Reitturnier gewonnen. Nicht etwa irgendeins, Virginia wurde Junioreuropameister im "Paso Llano Natural Wettbewerb". "Das ist eine Gangpferdeprüfung", sagt sie.
Die Paso Peruanos - eine Pferderasse - kommen, wie der Name vermuten lässt - aus Anden-Staaten wie zum Beispiel Peru. In Europa existieren etwa 400 Exemplare dieser Pferde. 14 davon leben auf dem Grundstück der von Keitz in Gräfenhainichen.
Paso Peruanos sind sehr sanftmütig und menschenbezogen, zugleich versprühen sie ein unermüdliches Feuer. "Das Besondere an den Tieren ist ihre natürliche Gangart", wie Siniko von Keitz, Vater der erfolgreichen Reiterin, erklärt. Insgesamt unterscheidet man zwischen fünf typischen Gangarten. "Schritt, Trab, Galopp, Tölt und Pass", zählt er auf. Paso Peruano Pferde laufen üblicherweise im Tölt. Einer recht schnellen Fortbewegungsart. "50 bis 60 Stundenkilometer sind da möglich", wie Virginia weiß. Optisch erinnern die Bewegungen der Pferde dann aber eher an einen Zirkus-Stechschritt, denn die Tiere heben beim Tölt die Vorderhufe sehr hoch.
"Diese Gangart eignet sich auch für heilpädagogisches Reiten", sagt Simone Anna von Keitz, die stolze Mutter der Europameisterin. Insbesondere bei Patienten mit Rückenleiden oder gar bei Bandscheibenbeschwerden sei die Gangart Tölt empfehlenswert, der Reiter erlebe einen völlig erschütterungsfreien Ritt. "Das sieht aus wie dressiert", sagt Virginia, "ist es aber nicht. Paso Peruanos laufen so."
"Chiquitita Benita" ist spanisch und bedeutet soviel wie "kleines Mädchen". So wurde vor neun Jahren die Stute getauft, mit der Virginia ihren Titel erringen konnte. "Anfangs war Chiqitita nicht gerade sehr zutraulich. Sie hat sogar getreten", berichtet Virginia, "aber mittlerweile ist es das liebste Tier auf der Weide." Darauf kann die Neuntklässlerin, sie besucht das Paul-Gerhardt-Gymnasium, mit Recht stolz sein, denn sie hat das Tier persönlich zugeritten und auch ausgebildet. Reiten ist eigentlich ihre Hauptbeschäftigung. "Wenn man auf einem solchen Hof lebt, ist es ganz normal", sagt sie, "dass die Tiere im Mittelpunkt stehen." Schon im Alter von drei Jahren saß das Mädchen auf dem Rücken der Tiere. Neben dem Reiten fahre sie auch gern mit der Kutsche. Bei der Europameisterschaft setzte sie sich in einem Feld von 200 Startern durch. Dies habe auch ihren Klassenkameraden imponiert, die sie mit tosendem Beifall empfingen. Das schönste an ihrem Hobby sei es, wenn man zu dem Tier ein Vertrauensverhältnis aufbauen kann. "Der Erfolg ist der Lohn für die Arbeit, die man in das Tier investiert hat", sagt die amtierende Junior-Europameisterin.