Langzeitsarbeitlosigkeit Langzeitsarbeitlosigkeit: Förderung ist für Marian Dräger Schlüssel zum Erfolg

Annaburg - „Ich habe ganz viel Unterstützung erfahren.“ Marian Dräger ist des Lobes voll über Mandy Meißner vom Jobcenter Wittenberg. Als Integrationscoach betreut sie den 44-jährigen Prettiner bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Dräger will Fuß fassen im Annaburger Sägewerk von André Strickfaden.
Der ehemalige Zeitsoldat aus Berlin war seit 2010 ohne feste Beschäftigung. Vier, fünf und 13 Jahre alt waren die Kinder, als er und seine Frau sich vor elf Jahren trennten. Er hat sie allein groß gezogen. Deshalb war es ihm seinerzeit nicht möglich, die Umschulung zum Holzbearbeitungsmechaniker über das Berufsförderungswerk der Bundeswehr aufzunehmen. „Die Berufsschule ist in Eberswalde“, erklärt er.
Als Alleinerziehender galt er als schwer vermittelbar. Er fiel in Hartz IV, schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch. Die gesamte Situation überforderte ihn, alles wuchs ihm über den Kopf. „Allein, was ich an Anträgen nicht eingereicht habe, weil es mir einfach zu viel war...“ beschreibt er.
Marian Dräger gehörte zu den ersten Kunden, die das Wittenberger Jobcenter nach Inkrafttreten des Teilhabechancengesetzes (THCG) im Januar 2019 in das neue Förderprogramm aufnahm. Langzeitarbeitslose zu aktivieren, eine neue Chance zu nutzen, ist aber nur die eine Seite der Medaille. Die andere sind die Arbeitgeber, die bereit sind, den Menschen die Chance zu geben. „Sie müssen sozial eingestellt sein“, sagt Annette Fesser, Sprecherin des Jobcenters.
Zwar werden die Lohnkosten gefördert - in Drägers Fall 75 Prozent im ersten und 50 Prozent im zweiten Jahr. Aber es geht nicht nur ums Geld, sondern auch um ein hohes Maß an Verständnis für Mitarbeiter, die wie Dräger besonders belastet sind, denen Problemen zu schaffen machen, die sie gedanklich wie real davon abhalten, im Job voll bei der Sache zu sein.
„Ich habe als Unternehmer selbst Hilfe erfahren, als der Betrieb den Bach runterzugehen drohte“, erzählt André Strickfaden. Er wisse auch, wie sehr psychische Probleme Menschen in ihrer Handlungsfähigkeit beeinträchtigen können. Marian Dräger kannte er schon von früher, er hatte ein Praktikum in seinem Betrieb absolviert. „Es geht hier familiär zu, ich fühle mich hier aufgehoben“, sagt Dräger.
Programme zur Lohnkostenförderung sind in der Arbeitsverwaltung nicht neu. Neu ist aber das umfassende Coaching. Mandy Meißner hat Dräger geholfen, das Chaos im Kopf und in den Papieren zu ordnen, Wege zu konkreten Hilfen zu finden, Anträge zu stellen. „Es war für mich anfangs schwierig, Hilfe anzunehmen“, gesteht der 44-Jährige. „Sie hat es ohne Druck geschafft, bei mir den Schlüssel herumzudrehen“, sagt er über Mandy Meißner.
Vorerst arbeitet Dräger 20 Stunden in der Woche. Die Betreuerin schaut einmal in der Woche in der Firma nach dem Rechten. Sie vermittelt zwischen beiden Seiten, wenn es Probleme gibt. „Auch zwischen uns hat es schon mal gekracht“, erzählt Strickfaden, „aber wir haben das wieder hingekriegt.“ „Hier sieht man, die wollen miteinander“, schätzt Mandy Meißner ein.
„Das Coaching ist eine ganz wichtige Hilfe“, sagt Steffen Rotte, Geschäftsführer des Jobcenters. Es gehört zum Pflichtprogramm des THCG. 161 ehemalige Langzeitarbeitslose hat das Jobcenter auf diese Weise bis Oktober schon in Arbeit gebracht. Damit liegt das Jobcenter Wittenberg an der Spitze im Land Sachsen-Anhalt. Vor kurzem gab es laut Rotte einen Erfahrungsaustausch mit allen eingebundenen Arbeitgebern. „Wir haben generell ein positives Votum“, so der Geschäftsführer.
Marian Dräger hat Mut geschöpft für die Zukunft: „Ich wünsche mir, dass ich wieder voll hundertprozentig da sein kann“, sagt er.
Förderung in zwei Kategorien
Das THCG teilt bei der Förderung Langzeitarbeitslose in zwei Gruppen: Paragraf 16 e und Paragraf 16 i des Sozialgesetzbuches II. Unter letztgenannte fallen „besonders arbeitsmarktferne“ Betroffene, die mindestens sechs Jahre Hartz IV bezogen haben, für sie gibt es bis zu fünf Jahre Lohnkostenzuschuss. Das Coaching erfolgt nicht durch das Jobcenter, sondern durch andere Träger. Aus dieser Kategorie hat das Jobcenter bis Ende Oktober 84 Beschäftigungsaufnahmen vermittelt. 77 waren es mit zweijähriger Förderung wie im dargestellten Beispiel.
Von den insgesamt 161 Beschäftigungsaufnahmen in beiden Gruppen waren neun nicht erfolgreich.
(mz)