Kurort Bad Schmiedeberg Kurort Bad Schmiedeberg : Im Storchengang durch's kühle Nass

Bad Schmiedeberg - Wasser ist in dieser Woche in Bad Schmiedeberg das bestimmende Element. Nicht nur, dass das traditionelle Anwassern und damit die Eröffnung der Kneipp-Freiluft-Saison im Kurpark angesagt ist. Auch Petrus öffnet dann und wann seine Schleusen und lässt die zahlreichen Gäste unter Schirmen und Kapuzen Schutz suchen.
Einen der Hauptdarsteller des Tages, Sebastian Kneipp alias Rainer Gohde, kann das jedoch nicht anfechten. „Ich schlüpfe jedes Jahr, egal bei welchem Wetter, am 22. März in diese Rolle“, berichtet er. Der in Berlin beheimatete Mime ist Mitglied des „Kurtheaters Bad Schmiedeberg“ und gastiert somit regelmäßig in den Reha-Einrichtungen der Stadt. Würdevoll führt Gohde hinter der Blaskapelle „Frischluftprojekt“ aus Delitzsch im schwarzen Ornat eines Pfarrers den kleinen Zug der Offiziellen vom Rathaus zur Kurpromenade an. An seiner Seite schreitet seine Leipziger Kollegin Ilona Knobbe, die im Gewand der Hildegard von Bingen auftritt. Der dritte im Bunde der Kostümierten ist Felix Saul. Er verkörpert einen Bademeister, wie er zu Zeiten der Eröffnung der Kurklinik im 19. Jahrhundert ausgesehen haben mag. Im schwarzen Gehrock, Fliege und weißer Schirmmütze flößt er Respekt ein.
Im Gefolge der historischen Gestalten schreitet der stellvertretende Bürgermeister der Region Bad Schmiedeberg, Uwe Hackel (parteilos). „Wenn wir am Kneipp-Becken angekommen sind, muss ich als einer der ersten mit ins Wasser steigen. Es bleibt mit nichts anderes übrig, das ist Tradition. Die Freiluftsaison wird immer vom Kurdirektor, den Bürgermeistern und dem Kneipp-Verein eröffnet. Danach sind die Becken für die breite Öffentlichkeit freigegeben“, erzählt er etwas fröstelnd.
Keinen Respekt vor der nicht gerade zum Bade einladenden Witterung hat Deddo Lehmann. Der Kurdirektor erinnert sich an das Anwassern im Jahre 2014. „Da mussten wir erst mal jede Menge Schnee aus dem Bassin holen. Als wir tags darauf reingestiegen sind, hatte das Wasser eine Temperatur von 4,6 Grad“, berichtet er schmunzelnd.
Bad Schmiedeberg ist Moor-, Mineral-, und Kneippheilbad mit langer Tradition. Schon seit 1878 werden hier orthopädische, rheumatische und gynäkologische Erkrankungen mit Moor aus der Dübener Heide behandelt. Heute verfügt die Kur über drei ortsgebundene, natürliche Heilmittel: Moor, Mineralwasser und Radon.
Anlass für das Bad Schmiedeberger Anwassern ist alljährlich der Weltwassertag. Er wird von „UN-Water“ organisiert, um weltweit die Aufmerksamkeit auf die lebensnotwendige Ressource zu lenken. Im Vordergrund steht dabei, dass etwa eine Milliarde Menschen keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser haben. Wasser ist jedoch auch ein wichtiges Heilmittel. Der Auftakt in den Kneipp-Anlagen im Freien wird genutzt, um den Gesundheitsaspekt des kühlen Wassers hervorzuheben. (mz/abx)
Ortsbürgermeister Michael Müller (CDU) sieht die Veranstaltung gut eingebettet in das kulturelle Gesamtkonzept seiner Stadt. „Diese Zeremonie ist bei uns obligatorisch und symbolisiert den Frühlingsbeginn. Spaß und Freude für unsere Einwohner und die Kurgäste sind dabei das Wichtigste“, so Müller. Der kleine Tross bewegt sich weiter durch die Kurstadt. Der „Bademeister“ weiß, dass in vergangen Zeiten die neu ankommenden Kurgäste ebenfalls mit Marschmusik vom Bahnhof zu ihren Unterkünften geleitet wurden. „Da sind wir in guter Tradition“, so Felix Saul. Nach einigen launigen Sprüchen von Sebastian Kneipp und Hildegard von Bingen, gilt es am Bestimmungsort, die Hosenbeine hochzukrempeln.
Je nach Befindlichkeit, steigen die Honoratioren der Stadt teils zögerlich, teils forsch in das kühle Nass und beginnen wie ein Storch ihre drei Runden im Becken zu drehen. „Lasst uns rote und prickelnde Waden sehen“, hatte der Bademeister ihnen zuvor mit auf den Weg gegeben. Ein Wunsch, der in Erfüllung geht. Dankbar nehmen die wackeren Mannen nach Verlassen des Wassers die ihnen gereichten Handtücher entgegen und rubbeln ihre Unterschenkel warm. Viele Nachahmer finden sie an diesem Tag nicht. Ein Umstand, der sich in wärmeren Tagen ändern wird. „Ich wohne ganz in der Nähe und nutze das Becken hier sehr oft“, erzählt eine Bad Schmiedebergerin.
Spaß an der Veranstaltung hatte auch Marianne Süßmann aus Wandlitz. Sie weilt als Kurpatientin in der Heidestadt und fühlt sich, nach ihren Worten, in der Reha-Einrichtung sehr wohl. Gleiches gilt für Renate Gumbrecht aus Leipzig. „Mir ist Bad Schmiedeberg mehrfach empfohlen worden. Trotzdem bin ich von dem Ambiente und der Atmosphäre angenehm überrascht“, schwärmt sie. (mz)
