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Interview mit Frank Ackermann Interview mit Frank Ackermann: Der doppelte Einschlag im Wald

Von Ilka Hillger 26.01.2018, 15:09
In einigen Regionen hat der Orkan „Friederike“ immense Schäden hinterlassen, wie hier zwischen Reicho und Buschkuhnsdorf.
In einigen Regionen hat der Orkan „Friederike“ immense Schäden hinterlassen, wie hier zwischen Reicho und Buschkuhnsdorf. F. Grommisch

Annaburg - Nachdem am 18. Januar Sturm „Friederike“ teilweise mit Orkanstärken über das Land fegte, hat in den Tagen danach auch in den Wäldern die Schadensaufnahme begonnen. Frank Ackermann, Leiter des Betreuungsforstamtes Annaburg, gibt Auskunft über die Lage in den Waldgebieten des Landkreises Wittenberg. Das Gespräch führte MZ-Mitarbeiterin Ilka Hillger.

Können Sie wenige Tage nach „Friederike“ bereits eine erste Bilanz ziehen?
Ackermann: Am Dienstagabend gab es deswegen ein Treffen mit allen Kreis- und Revierförstern. Dabei wurde deutlich, dass vor allem im Osten unseres Bereiches die Schäden besonders hoch sind, also im südlichen Brandenburg und vor allem im Raum Annaburg. Der Westen und der Coswiger Raum sind vergleichsweise glimpflich davon gekommen. Schwer getroffen hat es auch die Dübener Heide.

Wurden die Schadholzmengen bereits zusammengetragen?
Das konnten wir natürlich nur schätzen. Wir betreuen etwa 10.000 Hektar Fläche, bis auf die Dübener Heide den gesamten Landkreis Wittenberg. Zuständig sind wir für etwa 50 Prozent des Privatwaldes und die kommunalen Wälder. In denen gehen wir derzeit von etwa 24.000 Festmetern Schadholz aus. Nimmt man etwa 15.000 Festmeter aus den privaten Wäldern hinzu, die nicht von uns betreut werden, können wir mit 40.000 Festmetern Schaden durch den Sturm rechnen.

Gab es Besonderheiten bei diesem Wintersturm?
Naja, wir waren zum einen noch nicht einmal damit fertig die Schäden der beiden Oktober-Stürme beseitigt zu haben. Eine große Menge an Bäumen ist auf die alten Schäden drauf gefallen. Zum anderen gab es vor allem Einzelwürfe, also einzeln entwurzelte Bäume, und kleinere Nester. Das macht es nicht einfach, um mit unseren Maschinen dorthin zu gelangen.

Wie sehr trifft dieser erste Sturm des Jahres die Waldbesitzer?
Das ist auf jeden Fall ein empfindlicher Einschnitt. In unserem Bereich entspricht der Schaden in etwa dem doppelten Jahreseinschlag. Die Waldbesitzer verlieren also die doppelte Menge auf einen Schlag.

Lässt sich das Holz wie bei normalem Einschlag verwenden?
Ja, es ist durchaus verkäufliches Holz. Allerdings steigt die Möglichkeit der Holzentwertung, wenn es jetzt wärmer wird. Das kann durch Pilzbefall oder Schädlinge passieren und schränkt die Verkaufsmöglichkeiten natürlich ein.

Also sollte jedem daran gelegen sein, das Holz schnell aus dem Wald zu holen?
Das ist richtig, aber auch schwierig, denn die dafür notwendigen Geräte sind permanent im Einsatz. Wir wollten eigentlich mit den Oktober-Schäden im späten Frühjahr fertig sein. Jetzt werden wir wohl das ganze Jahr 2018 für die Beseitigung der Schäden im Wald benötigen. Für den Einsatz unserer vier Harvester, das sind Holzernte-Maschinen, gibt es einen genau abgestimmten Ablauf. Da wurde mit den Revierleitern eine Reihenfolge festgelegt.

Wer nicht von Ihrem Forstamt betreut wird, muss sich selbst um entsprechende Betriebe kümmern?
Das stimmt, oder er tritt der Forstbetriebsgemeinschaft bei, die mit uns die Betreuungsverträge abschließt.

Können Waldbesitzer, die von all den Sturmschäden die Nase voll haben, eigentlich auch alles liegen lassen?
Prinzipiell geht das, verursacht aber Ärger, wenn Schäden in den Nachbarwäldern auftreten, sei es beispielsweise durch Schädlingsbefall oder Brandgefahr. Dann wird man eine amtliche Aufforderung bekommen, sich zu kümmern. Aber im Prinzip ist die große Masse der Waldbesitzer auf Pflege bedacht. Im Wald funktioniert der Gemeinschaftsgedanke.

Mancher wird sich nach dem Sturm Kaminholz holen wollen. Darf man das?
Ein klares Nein. Schon wenn man nur auf dem Rad ein paar Äste mitnimmt, ist das Diebstahl. Am besten geht man also zum Revierförster und lässt sich ein Waldstück zum Sammeln zuweisen oder man kennt einen Waldbesitzer und spricht es mit diesem ab.

Momentan ist es doch aber besser den Wald zu meiden.
Auf jeden Fall ist jetzt keine Zeit für Spaziergänge. Es gibt so viele angelehnte Bäume oder solche, die noch in den Kronen ihrer Nachbarn hängen. Die Gefahr lauert wirklich überall. Ich kann den Leuten nur raten, den Wald zu meiden oder zumindest die Wege nicht zu verlassen. Aber auch dort kann es aktuell schon gefährlich sein.

Wie geht es nach der Schadensbeseitigung weiter?
Das Aufräumen ist die eine Sache, danach kommt die Aufforstung in den gelichteten Beständen. Das Ministerium will dafür Geld zur Verfügung stellen, allerdings nur für Laubgehölze. Das ist ein Thema, das uns sehr beschäftigt und über das noch zu reden sein wird. (mz)