In Russisch und Deutsch In Russisch und Deutsch: Oranienbaumerin arbeitet an neuem Buchprojekt

Oranienbaum - „Wir stecken noch in den Anfängen, aber mit der Zusage von Julia Kuchuk, einer Museumsdirektorin aus dem russischen Lomonossow, und der Unterstützung der Kulturstiftung des Dessau-Wörlitzer Gartenreiches und des Kulturbundes Berlin, die uns mit der kostenlosen Nutzung von Fotos und Dokumenten sowie finanziellen Zuschüssen unterstützen, bin ich sicher, dass das etwas ganz Tolles wird“, sagt Marlies Ross über ihr neuestes Buchprojekt.
Oranienbaum hat niederländische Wurzeln
Darin geht es, wie soll es bei der Vorsitzenden der Oranienbaumer Ortsgruppe des Kulturbundes anders sein, um ihre Heimatstadt. Oranienbaum verdankt seinen Namen der niederländischen Prinzessin Henriette Catharina von Oranien-Nassau, der Frau des Fürsten Johann Georg II. von Anhalt-Dessau. Er hatte ihr den Ort, der bis 1673 noch Nischwitz hieß, geschenkt. Und der niederländische Baumeister und Architekt Cornelis Ryckwaert begann 1683 mit der Gestaltung Oranienbaums zu einem barocken Ensemble aus Stadt, Schloss und Park, die heute zum Dessau-Wörlitzer Gartenreich gehören.
Doch nicht nur die Barockstadt in Sachsen-Anhalt wird hier eine wichtige Rolle spielen, sondern auch das russische Oranienbaum, das seit 1948 Lomonossow heißt und seit 1998 ein Stadtteil von St. Petersburg ist.
„Mich hat die Idee fasziniert, eine Publikation über beide Oranienbaums zu schreiben, in Russisch und in Deutsch“, berichtet die Frau, die mit dem Kulturbund bereits vor Jahren über das hessische Oberursel Kontakte zu deren Partnerstadt Lomonossow knüpfte, die in gegenseitigen Besuchen von heute befreundeten Vereinen mündeten. Und mit Julia Kuchuk, der Museumsdirektorin aus Lomonossow, hat sie eine kompetente Partnerin und Mitautorin gefunden.
„Noch heute heißen Bahnhof, Park und Schloss dort Oranienbaum. Aber vergleichen kann man die Schlösser nicht wirklich. Der russische Palast, den Peter der Große etwa zehn Jahre nach dem Bau des anhaltischen Schlosses errichten ließ, ist mindestens zehnmal so groß wie das Schloss hier. Doch ich bin mir sicher, dass der Zar sein Schloss nach dem unseren benannt hat“, sagt Marlies Ross. Zum einen sei Peter der Große ein großer Fan der Niederlande gewesen, zum anderen war er kurz zuvor auch in Wittenberg und sicher auch in Oranienbaum, nennt Marlies Ross Gründe für ihre Vermutung.
Im April 1980 in Oranienbaum gegründet, ist der Kulturbund Oranienbaum heute eine Ortsgruppe des Kulturbundes Dessau-Wörlitz, zu dem als eine Art Dachverband mehrere Kulturbund -Ortsgruppen, aber auch Fachverbände wie Numismatiker, Fotografen und Rosenzüchter gehören. Erste Chefin war Ortrud Schulze. 2002 übernahm Marlies Ross von ihr den Vorsitz und ist auch verantwortlich für die Herausgabe mehrerer Bücher und Publikationen über die Barockstadt Oranienbaum.
Und Peter der Große war es auch, der Anfang des 18. Jahrhunderts die Ansiedelung deutscher Bewohner in und um Petersburg forcierte, von denen viele in Oranienbaum lebten, so Marlies Ross. Sie erzählt, dass in dem Buch, das voraussichtlich im Frühjahr 2018 erscheinen wird, einige neue Erkenntnisse über die Geschichte der beiden Städte veröffentlicht werden.
In den vergangenen zehn Jahren hat die Frau, die bis zu ihrem Ruhestand als Direktorin des Anhaltischen Staatsarchivs arbeitete, bereits mehrere Bücher über die Barockstadt und ihre Geschichte veröffentlicht. „Mein Mann war früher Direktor der Staatlichen Schlösser und Gärten und wir hatten, als wir in Rente gingen, noch so viele Ideen und gute Kontakte“, erinnert sich die Oranienbaumerin an ein Gespräch mit Bürgermeister Uwe Zimmermann (Linke), als man 2007 in gemütlicher Runde darüber fachsimpelte, dass man mal ein Buch über Oranienbaum schreiben müsste.
Stadt Oranienbaum spendiert 30.000 Euro für das Projekt
„Es war meine Aufgabe, die finanziellen Mittel dafür bereitzustellen“, erzählt der Bürgermeister von einem Ratsbeschluss und den 30 000 Euro, die die Stadt zur Realisierung des Projektes zur Verfügung stellte. „Heute wäre das unmöglich, aber damals hatten wir noch eine sehr gute Haushaltslage“, so Zimmermann.
„Es wurde ein Buchprojekt von, mit und über die Oranienbaumer Bürger“, erzählt Marlies Ross von dem 288 Seiten starken und sehr hochwertig verarbeiteten Bildband „Oranienbaum - Porträt einer kleinen Stadt“, das man Dank der finanziellen Unterstützung günstig für 19,90 Euro verkauft. „Der Geschichtsverein Agora und die Interessengemeinschaft Stadtinformation haben sich nicht nur mit eingebracht, sondern auch vereinbart, dass alle Einnahmen für weitere Publikationen über die Stadt verwendet werden“, so Marlies Ross, die die Leitung, Konzeption und Redaktion übernommen hatte.
Verzicht auf Honorare
„Und weil alle ehrenamtlich an dem Werk gearbeitet und auf Honorare verzichtet haben, sind aus den 30 000 sogar 50 000 Euro geworden“, erzählt Marlies Ross von weiteren Publikationen wie der Broschüre „Als die Straßen noch Läden hatten“, die sich nicht nur in Oranienbaum großer Beliebtheit erfreut.
„Mein Sohn, der in St. Petersburg studiert und mir auch bei den Kontakten mit Lomonossow behilflich war, wirft uns vor, dass wir Oranienbaum zum Mittelpunkt der Welt machen wollen“, sagt Marlies Ross. „Das ist übertrieben, aber bekannter wollen wir unsere Stadt schon machen. Und unsichtbare Grenzen abbauen. Früher war Wittenberg für Anhalt Ausland und das merkt man manchmal heute noch“, meint die Oranienbaumerin.
„Unser Bildband wird auch bei Thalia in Dessau verkauft. Schon 200 Stück! Die waren sehr aufgeschlossen. In Wittenberg hat man das gleiche Anliegen einfach abgelehnt. Und auch unser Ministerpräsident hat in Holland viel über Wittenberg, Luther und das Bauhaus erzählt, aber nicht ein Wort darüber, dass es in seinem Heimatkreis eine echte holländische Stadt gibt“, so Marlies Ross. (mz)