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Illegaler Abfall im Landkreis Wittenberg Illegaler Abfall im Landkreis Wittenberg: Wer bezahlt? Wir alle!

Von Klaus Adam 15.07.2020, 18:26
Vor einem Jahr fand Jagdpächter Jörg Höhne diesen Schutthaufen im Wald bei Rehain. Leider kein Einzelfall.
Vor einem Jahr fand Jagdpächter Jörg Höhne diesen Schutthaufen im Wald bei Rehain. Leider kein Einzelfall. Aline Gorldt

Jessen/Wittenberg - Die gute Nachricht ist, während des Lockdowns aufgrund der Coronapandemie ist nicht deutlich mehr Müll in die Natur geschüttet worden als sonst. Allerdings ist das Aufkommen illegaler Mülllagerstätten auch nicht gesunken. Das ist dabei die schlechte Nachricht. Tatsächlich haben aber viele Leute im Kreis Wittenberg die Tage Zuhause genutzt, um Keller, Kammern, Dachböden oder Garagen aufzuräumen und zu „entmisten“. „Das Aufkommen in den Annahmestellen belegt dies“, bekundet Heiko Tschetschorke, der für die Abfallwirtschaft zuständige Fachdienstleiter in der Kreisverwaltung.

Tendenziell sinkend

Während des Corona-Lockdowns mussten zwei Annahmestellen geschlossen werden - Klieken und Brantner in Schweinitz. „Für etwa einen Monat“, ergänzt der Fachdienstleiter. „Wir haben versucht, sie so schnell wie möglich wieder zu öffnen.“ Für die dringenden Fälle standen aber die anderen Annahmestellen in dieser eingeschränkten Zeit weiterhin noch offen. „Aus der Jessener Region musste man dann halt ein Stück weiter fahren. Aber die Möglichkeit bestand“, so Tschetschorke.

Umso erstaunlicher ist, dass ausgerechnet in dieser Conona-Hoch-Zeit die Zahl der (entdeckten) illegalen Müllablagerungen zumindest nicht gestiegen ist, sagt Tschetschorke. Der Mann aus der Kreisverwaltung stimmt der Bemerkung des Reporters zu, dass dies doch ein Indiz für ein steigendes Umweltbewusstsein in der Region sein könnte.

Im Vergleich der Jahre 2018, 2019 und des ersten Halbjahres 2020 bestätigt sich dieser Eindruck tatsächlich auch anhand der Zahlen. „Wir stellen fest, dass die Fallzahlen illegaler Müllablagerungen tendenziell sinken“, so Tschetschorke. Schwerpunkt ist die Lutherstadt Wittenberg. Hier wurden im Jahr 2018 insgesamt 55 Fälle gezählt. Das ist ziemlich genau die Hälfte der entdeckten illegalen Müllablagerungen im gesamten Kreis mit 109.

Dieser 50/50-Anteil der Kreisstadt zieht sich über 2019 bis ins erste Halbjahr 2020 weiter. Allerdings zeigt sich die Tendenz innerhalb des Zeitraumes seit 2018 widersprüchlich. Im gesamten Kreis wurden 2019 insgesamt 70 illegale Lagerstätten in der Umgebung entdeckt. Im ersten Halbjahr 2020 allerdings schon wieder 64.

Rechnet man das aufs ganze Jahr hoch, wäre dies „wieder ein Aufwuchs“, wie der Fachdienstleiter einräumt. Das widerspräche seiner unmittelbar zuvor getroffenen Einschätzung, dass das illegale Müllaufkommen „tendenziell sinkt“. Der Optimist in uns geht freilich davon aus, dass zu den genannten 64 Fällen bis zum Jahresende kein weiterer dazukommt.

In Jessen recht gering

Innerhalb der einzelnen Städte zeigen sich allerdings unterschiedliche Tendenzen. In dem recht großen Areal der Stadt Jessen mit ihren 44 Ortsteilen ist das Aufkommen illegaler Ablagerungen vergleichsweise gering. Im Jahr 2018 wurden fünf solcher Stellen entdeckt, 2019 waren es vier. Allerdings im ersten Halbjahr 2020 dann schon wieder neun.

Ähnlich die Situation für die Stadt Bad Schmiedeberg: neun in 2018, drei in 2019 aber acht in 2020. Anders in Coswig. Hier sinkt die Zahl tatsächlich von 15 (2018) über zwölf auf neun im laufenden Jahr. Kemberg: sechs (2018), zwei (2019), vier (2020). Zahna-Elster: 4, 5, 4.

Heiko Tschetschorke sieht den im Vergleich zu den anderen Städten recht hohen Anteil illegaler Müllablagerungen in Wittenberg nicht nur in der höheren Einwohnerzahl, sondern auch im Wirken des Stadtordnungsdienstes. Dessen Mitarbeiter schauen bei ihren Rundgängen auch dezidiert nach solchen Stellen, erklärt der Mann der Kreisverwaltung. Das ist in Jessen mit dem höchsten Flächenanteil im Kreis schwer zu machen, sieht er ein.

In der Kalkulation

Was Anwohner und Naturfreunde oft ärgert, ist, dass es unter Umständen lange dauert, bis nach einer Meldung eine solche Fundstelle beräumt wird. Das weiß Tschetschorke. „Es laufen dabei aber zwei Verfahren parallel“, erklärt er. „Das eine ist das Verwaltungsverfahren, in dem es darum geht, die Stelle zu beräumen. Und das andere ist das ordnungsrechtliche, wo es darum geht, Verursacher wenn möglich finanziell zur Verantwortung zu ziehen.“

Da werde - was keine sehr erhebende Aufgabe ist - der Müll nach persönlichen Hinterlassenschaften durchsucht, aufgrund derer sich auf einen möglichen Urheber schließen lässt. Der wird dann angeschrieben und kann sich im Anhörungsverfahren äußern.

Ziel ist in solchen Fällen auch, dass nicht der Kreis die Müllstelle beräumt, sondern der Urheber selbst. „Es soll ja auch einen erzieherischen Wert haben“, so Tschetschorke. Der Anteil an tatsächlichen Verfahren gegen Personen liege aber eher bei zehn als bei 20 Prozent, meint er auf die entsprechende Frage der MZ.

Bezahlen muss die illegale Abfallbeseitigung jeder Gebührenzahler. „Das ist nach den jeweils anfallenden Mengen in der Gebührenkalkulation mit drin. Sollte es Ausschläge nach oben oder unten geben, wird das in der nächsten Kalkulation berücksichtigt“, so der Fachdienstleiter. (mz)