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Herzklinik Coswig Herzklinik Coswig: Zeit schenken als Grüne Dame oder Herr

Von Ilka Hillger 25.02.2019, 15:45
Klinikseelsorger Helmut Markowsky mit den „Grünen Damen“, die Patienten des Herzzentrums in Coswig besuchen.
Klinikseelsorger Helmut Markowsky mit den „Grünen Damen“, die Patienten des Herzzentrums in Coswig besuchen. Thomas Klitzsch

Coswig - Monatliches Treffen im Konferenzraum des Coswiger Herzzentrums: Hier kommen die Grünen Damen und Herren zusammen, Ehrenamtliche, die mit ihrem Besuchsdienst in deutschen Krankenhäusern seit Jahrzehnten jene Zeit für die Patienten finden, die Schwestern und Pfleger längst nicht mehr haben.

In Coswig sind diesmal Hannelore Rösner, Jutta Fochmann und Karina Friedrich zum Gespräch mit Klinikseelsorger Helmut Markowsky gekommen. Nur Damen also, wo sind die Herren? Trauriges Schulterzucken. „Der letzte von drei Männern hat uns im September verlassen“, sagt Markowsky.

Bleiben ihm also an diesem Krankenhaus insgesamt vier Damen und das sind viel zu wenig. „Wir haben mit zwölf Frauen und Männern angefangen“, sagt der Pfarrer, der als Seelsorger auch in Zerbst das Hospiz und die Helios-Klinik betreut. Zehn Mitstreiter wären gut, sieben das mindeste, um an jedem Wochentag einen Ehrenamtlichen im Krankenhaus zu wissen.

Die Zahl der Patienten, die aus verschiedenen Gründen keinen oder nur wenig Besuch bekommen, steigt stetig. Seit mehr als sieben Jahren springen im Mediclin Herzzentrum Coswig Ehrenamtliche ein, die diese Lücke füllen. Zu erkennen an ihren grünen Polohemden, begleiten sie die Patienten auf Spaziergänge, lesen ihnen aus der Zeitung vor oder hören einfach nur zu. Markowsky erlebte dieses Angebot selbst in einem Krankenhaus in Berlin. Für ihn sei dies der Auslöser gewesen, die Grünen Damen und Herren auch am Herzzentrum zu etablieren.

Hunderte Schicksale kennengelernt

Diese Hilfestellung habe sich im Klinikalltag bewährt, deshalb möchte das Herzzentrum den ehrenamtlichen Besuchsdienst verstärken. „Wir brauchen Sie heute - vielleicht brauchen Sie uns morgen“ ist das Motto, unter dem neue Mitstreiter gesucht werden. Die könnten sich zunächst einmal von den langjährig tätigen Damen berichten lassen, was die Arbeit am Krankenbett ausmacht.

„Man muss vor allem zuhören können“, sagt Hannelore Rösner, Rentnerin aus Coswig und von Anbeginn dabei. Hunderte Schicksale hat sie schon kennengelernt, manche gehen auch ihr an die Nieren. „Dann muss man selber spüren, wie viel man vertragen kann.“ Für Karina Friedrich und die anderen Grünen Damen beginnt ein Einsatz im Krankenhaus mit einem Rundgang über die Stationen.

„Wir fragen die Schwestern, zu wem wir gehen können, wer uns braucht“, berichtet sie. Oftmals seien dies Patienten, die Angst vor einer anstehenden Operation haben, solche, die keinen Besuch bekommen, weil der Partner vielleicht selbst pflegebedürftig ist oder die Verwandten zu weit weg wohnen.

„Ganz los lässt mich diese Arbeit hier nicht“, sagt Friedrich, die früher selbst im Gesundheitswesen tätig war und für ihr Ehrenamt den Weg von Zahna nach Coswig in Kauf nimmt. „Ich denke auch an Patienten, wenn ich nicht mehr hier im Haus bin“, berichtet sie.

Hannelore Rösner machte hingegen schon die Erfahrung, selbst Patientin im Herzzentrum gewesen zu sein, und „da weiß man, wie man sich fühlt“. Alle drei Frauen sind froh über die Erfahrungen, die sie bei ihren Besuchen machen. Ablehnung für ein Gesprächsangebot erfahren sie selten. „Oft sagen Patienten alles sei in Ordnung, aber dann entwickelt sich doch ein langes Gespräch“, hat Jutta Fochmann beobachtet.

Mit dem Bücherwagen

„Geboten werden ein sinnvolles und ausfüllendes Ehrenamt, ein gutes Gruppenklima und eine ehrenamtliche Aufgabe in einem modernen Krankenhaus“, wirbt Pfarrer Markowsky um neue Mitstreiter. Mitmachen können Personen ab 18 Jahren, die sich durch Einfühlungsvermögen und eine positive Ausstrahlung auszeichnen.

Das Aufgabenspektrum reiche vom stillen Gesellschaft leisten am Krankenbett über das Begleiten der Patienten zu Untersuchungen bis hin zum Erledigen kleinerer Besorgungen. Auch das Verteilen von Büchern und Zeitschriften aus dem klinikeigenen Bücherwagen gehört zu den Aufgaben, die es den Ehrenamtlichen erleichtern, mit den Patienten ins Gespräch zu kommen.

Eine Schulung der Grünen Damen und Herren, so der Klinikseelsorger, gebe den Ehrenamtlichen das nötige Rüstzeug in Gesprächsführung, Psychohygiene und im Umgang mit besonderen Krankheiten wie Demenz mit auf den Weg.

(mz)