Handball Handball: Nerven entscheiden das Derby Radis - Wittenberg

Wittenberg - Es gibt im Pokal-Derby zwischen den SV Grün-Weiß Wittenberg-Piesteritz und TuS Radis einen klaren Sieger: Das ist der Handball im Landkreis. Das Event wird zur besten Werbung für den Sport, obwohl beide Teams spielerisch schon mehr überzeugt haben als am Samstag. Die Radiser können sich in dieser an Dramatik kaum noch zu überbietenden Partie knapp mit 24:23 durchsetzen, weil bei den Grün-Weißen in den letzten Minuten die Nerven flattern und auch ein Kräfteverschleiß unübersehbar ist. So bringt sich Grün-Weiß selbst um den Lohn der Mühen.
Dabei haben die Gastgeber alles bestens vorbereitet - Abteilungsleiter Uwe Kunert wird dabei zum Grillmeister - für das Spektakel. Die leicht favorisierten Gäste reisen mit der bestmöglichen Formation an. „Wir haben uns was vorgenommen“, lässt sich Mannschaftsleiter Stephan Hirsch gar nicht erst über Debatten zur Wertigkeit des Wettbewerbs ein.
„Wir fangen aber nicht gleich mit der vollen Röhre an“, meint er. Auf dem Parkett entwickelt sich ein ausgeglichener Fight. Jeder Treffer wird von denn Anhängern beider Lager in der fast voll besetzten Stadthalle frenetisch bejubelt. Die Fan-Pauken liefern sich ein Duell, dass die Gastgeber keinesfalls verloren haben. Auf dem Parkett wechselt die Führung hin und her.
Dabei zeigen die Torleute Norbert Keserü und Christian Brandt (Radis) viele Glanztaten. Kurz vor der Pause erzielt Matej Ivankovic mit seinem Treffer zum 12:9 die erste Drei-Tore-Führung für den Gastgeber. Beim 12:10 werden die Seiten gewechselt.
Dennis Schmidt schafft beim 16:15 nach der Pause wieder eine Radiser Führung (42.). Doch prompt müssen die Gäste einen herben Rückschlag verkraften: Kevin Pachaly sieht nach drei Zwei-Minuten-Zeitstrafen die Rote Karte (43.). Jetzt brechen die stärksten zehn Minuten der Grün-Weißen an. Als Hendrik Rakoczy das 22:17 - gespielt sind 51:32 Minuten - wirft, scheint eine Vorentscheidung gefallen.
„Einen solchen Vorsprung muss man eigentlich über die Zeit bringen“, sagt Hirsch später. Radis ist aber zum Aufgeben im ersten Derby nach Jahren nicht bereit. Was jetzt passiert, kann sich an Spannung und Dramatik kein Thrillerautor ausdenken. Die Radiser überraschen mit einem Torwartwechsel. Mit Maik Wiese wird die Wende eingewechselt.
„Das machen sich unsere Torleute untereinander aus“, sagt Dirk Wald, der verlängerte Arm von Spielertrainer Stephan Blechschmidt auf der Bank. Und der Neue verspürt nicht den geringsten Druck. „Wir hatten nichts mehr zu verlieren und haben das Risiko erhöht“, erläutert der Schlussmann, der in seiner Einsatzzeit nur einmal - und zwar von Martin Vulic beim 23:19 (53.) - bezwungen wird. Die furiose Aufholjagd wird zunächst durch den Ausgleichstreffer mit der Verwandlung eines Siebenmeters durch Robert Hanke zum 23:23 (59.) belohnt.
Es sind noch 58 Sekunden zu spielen. Es steht die Frage, kann sich Radis in die Verlängerung retten oder schaffen die Grün-Weißen mit dem alleletzten Angriff das Siegtor? Aber es kommt ganz anders. Dabei wollen eben die Gastgeber die letzte Offensivaktion richtigerweise ausspielen. Aber ein eigener Freiwurf - vor allem die umstrittene Ausführung - wird zum Verhängnis.
Fakt ist, der Ball ist frei vor der Neun-Meter-Linie. Die Radiser greifen schlitzohrig einfach zu, und Sebastian Mensch spurtet allein auf das gegnerischen Tor zu und lässt sich die überraschende Siegeschance nicht entgehen.
Es folgen wütende Proteste der Wittenberger Spieler und Zuschauer. Die Szene ist anscheidend regelkonform, aber die Wittenberger Verantwortlichen argumentieren, dass sie ihren Freiwurf gar nicht ausgeführt haben und dass in der ersten Halbzeit eine ähnliche Aktion anders beurteilt worden wäre. Da greifen die Grün-Weißen zu, aber ihr Tempogegenstoß wird zurückgepfiffen.
Die Radiser interessiert das schon längst nicht mehr. Mensch hat sich eine Fan-Pauke gegriffen und stimmt die Siegesgesänge persönlich an - wie in einem Heimspiel.
Doch noch lange nach dem Abpfiff geht das Derby weiter - in den sozialen Medien. Die Radiser posten noch aus der Kabine ein Siegerfoto. Die Grün-Weißen dagegen informieren in aller Nüchternheit über das nackte Ergebnis. In den Kommentaren wird die Begegnung durchaus sehr kompetent analysiert. Und dann gibt es doch noch ein bisschen Derby-Häme. „Bei uns werden 60 Minuten und nicht nur 51 gespielt“, meint ein Radiser.
Erdeborn - Apollensdorf 27:20
Die Radiser sind die einzige Vertretung aus dem Landkreis im Pokalwettbewerb, weil die Apollensdorfer Männer in Erdeborn mit 20:27 verloren haben. Bis zur Halbzeit ist die Partie völlig offen. Die Gastgeber führen zur Pause lediglich mit 13:12. „Dann verfallen wir aber wieder in den alten Trott und nutzen unsere Chancen nicht. Der jungen Mannschaft fehlt noch die Cleverness“, so Trainer Jens Beese.
BSG Aktivist - Coswig 31:16
Die BSG Aktivist Gräfenhainichen steht bei den Frauen im Pokal-Halbfinale. Das Derby am Freitagabend wird klar gegen Coswig mit 31:16 gewonnen. Die Partie ist bereits zur Halbzeit beim 16:8 entschieden.
Spitzenreiter verliert
In der Anhalt-Liga der Männer hat der Spitzenreiter verloren. Die Reserve vom SV Grün-Weiß Wittenberg-Piesteritz unterliegt in Raguhn mit 29:32, bleibt aber trotzdem Tabellenführer. Auch die Radiser Reserve kann in einem Heimspiel nicht punkten. Die Zweite von Kühnau gewinnt. 39:31. Auch die Jessener Sieben holt nichts Zählbares. Beim Tabellenletzten, das ist die Wolfener Reserve, wird 18:27 verloren. (mz)