Bei Glatteis und im Badeanzug Bei Glatteis und im Badeanzug: Margot Tietsche trägt seit 25 Jahren die MZ aus

Mühlanger - Als Margot Tietsche das mit dem Badeanzug erzählt, muss die Zeitungsausträgerin kurz lachen. Dabei ist die Geschichte hinter der ungewöhnlichen Arbeitsbekleidung eigentlich eine eher dramatische. Es war der Sommer 2002, als die heute 65-Jährige zu Dienstbeginn ins Strandoutfit schlüpfte: „Damals überflutete das große Elbe-Hochwasser auch Teile meines Zustellungsgebietes“, sagt Tietsche.
Ihr Gebiet, das sind die Orte Mühlanger und Gallin in der Gemeinde Zahna-Elster, östlich von Wittenberg. Seit 25 Jahren trägt Tietsche hier die Mitteldeutsche Zeitung aus. Bei Glatteis, Sturm oder eben auch im Badeanzug wie 2002, als Gallin vom Wasser überspült wurde. „Egal was draußen los ist, die Zeitung muss ja trotzdem zu den Kunden“, meint sie. Nass wurde der Anzug allerdings nicht. „Zum Glück konnte ich die Exemplare auf Boote verteilen, da blieb mir das Schwimmen erspart.“
Es sind solche Anekdoten und Geschichten, von denen sich in 25 Jahren einige angesammelt haben. Seit dem 1. Juli 1991 ist Tietsche Zustellerin der Mitteldeutschen Zeitung und damit von Anfang an dabei. „In dieser Zeit hat sich schon vieles verändert“, erzählt die 65-Jährige. Anfangs habe sie zum Beispiel die Ausgaben noch selber zusammenstecken müssen. „Da fing der Tag dann damit an, Zeitungen zu falten.“ Seit einiger Zeit übernehmen diese Aufgabe die Maschinen im Druckhaus in Halle.
Dafür kam etwa der MZ-Briefdienst dazu, was für Tietsche bedeutet, dass sie nach dem Zeitungsaustragen per Auto noch zu einer zweiten Runde mit dem Fahrrad aufbricht. „Das ist dann meine Spätschicht“, meint sie. Wobei „Spätschicht“ bei Zeitungsausträgern eine etwas andere Bedeutung hat als im Alltagsgebrauch. „Die Briefe fahre ich so ab acht Uhr am Morgen aus“, sagt die 65-Jährige und grinst.
An sechs Tagen in der Woche, also immer dann, wenn die Mitteldeutsche Zeitung erscheint, steht Tietsche um 2.15 Uhr auf. Ohne Wecker gehe das zwar nicht, aber: „Nach einem Vierteljahrhundert hat man sich an diese Uhrzeit gewöhnt“, meint sie. Zumal als Stütze auch ihr Mann immer mit ihr in den Morgen startet.
„Schlimm“, sagt Tietsche, „sind nur manche Donnerstage“. Das hängt mit der großen Leidenschaft der Zustellerin aus Mühlanger zusammen. Sie ist nämlich Fußball-Fan. Lieblingsverein: Bayern München. „Wenn die in der Champions League spielen und es vielleicht noch in die Verlängerung geht, dann bin ich vor Mitternacht nicht im Bett“, sagt Tietsche. Schlafen könne sie dann aber sowieso nicht mehr. „Solche Spiele wühlen mich viel zu sehr auf.“
Wenn es gesundheitlich geht, dann will Tietsche noch lange als Zustellerin weiter machen. „Eigentlich könnte ich ab Oktober in Rente gehen“, sagt sie. Aber das Zeitungsaustragen halte sie fit. Zudem sei es auch mit dem Mindestlohn finanziell attraktiver geworden. Und technische Neuerungen, wie das Elektromobil „Paxter“, mit dem erste Zusteller bereits Zeitungen ausfahren, erleichtern die Arbeit. Ihr Bereichsleiter Mathias Bräuer zumindest würde sich freuen, wenn Tietsche ihm erhalten bleibt: „Sie ist sehr zuverlässig und eine super Mitarbeiterin“, sagt er . (mz)