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Beate Landgraf 1990 ermordet Beate Landgraf 1990 ermordet: Polizei hat einen neuen Verdächtigen und sucht im TV

Von Michael Hübner 02.07.2018, 18:56
Beate Landgraf wurde brutal getötet. Der Mörder ist noch immer frei.
Beate Landgraf wurde brutal getötet. Der Mörder ist noch immer frei. Landgraf

Wittenberg - Die Zeit gilt als größter Feind der Ermittler. Je länger ein Verbrechen zurück liegt, desto schwieriger wird es, den Täter zu ermitteln. Davon lässt sich aber die Staatsanwaltschaft Dessau nicht abschrecken. 28 Jahre nach dem Mord an Beate Landgraf soll der brutale Verbrecher doch noch überführt werden. Am Sonntag startete die Behörde im MDR-Fernsehen bei „Kripo live“ einen Zeugenaufruf.

Ungewöhnliche Fahndung

„Das ist ungewöhnlich“, räumt selbst Staatsanwalt Olaf Braun ein. Und in Wittenberg ist laut Polizei eine solche Fahndung sogar einmalig. Die TV-Leute haben dazu eine 13-minütige Reportage über den Fall gedreht. „Für den Beitrag haben wir die Eltern Ingeborg und Werner Landgraf mehrfach interviewt, zudem kommt eine ehemalige Lehrerin von Beate zu Wort.

Mit ihr hat Kripo live im ehemaligen Internat auf Schloss Wiesenburg gedreht. Darüber hinaus beschreibt Staatsanwalt Frank Pieper den aktuellen Stand der Ermittlungen und der Zeuge, der am 18. Juni 1990 den fast leeren Rucksack von Beate gefunden hat, schildert die Situation“, so Kripo-Live-Reporter Rico Wolf.

Ingeborg Landgraf führt die Filmemacher an die Stelle im Wald bei Klieken, wo ihre 17-jährige Tochter bestialisch zugerichtet aufgefunden worden war. Hier wurde das Mädchen aller Wahrscheinlichkeit nach auch getötet.

„Es waren bewegende Momente“, sagt Wolf, „an ein klassisches Drehen war nicht zu denken. Ingeborg Landgraf hat mit uns den Ort gesucht. Das hat ihr die Situation im September 1990, als Beate dort von einem Pilzsammler gefunden worden ist, noch einmal sehr nahe gebracht. Landgrafs wollten diese Situation und sagen selbst, dass es daran nichts zu verheimlichen gibt. Sie setzen jetzt auf öffentliche Aufmerksamkeit“, so Wolf.

Die Rückkehr an den Ort des Grauens sind aber trotzdem harte Momente für die 74-Jährige, die auf den Beistand ihres Mannes - der 82-Jährige ist nach einem Unfall noch gehandicapt - verzichten muss. Die Mutter meistert den Alptraum. „Davon wird aber meine Tochter auch nicht mehr lebendig“, sagt die Frau der MZ. Sie sei vor allem enttäuscht. Nichts erinnert mehr an das Verbrechen. Dabei hätten sie hier eine kleine Gedenkstätte errichtet.

„Die haben aber Unbekannte immer wieder zerstört“, sagt Landgraf. Das Paar ist der bittere Beweis dafür, dass die Zeit eben doch nicht alle Wunden heilen kann. Ein Killer hat ihnen ihre Tochter genommen, und Landgrafs haben sich von diesem Schicksalschlag nie mehr erholen können. Das Paar hat nur noch einen Wunsch: Sie wollen wissen, wer ihre Tochter auf den Gewissen hat.

„Wir haben einen Tatverdächtigen“, sagt Braun am Freitag auf MZ-Anfrage dazu. Der Staatsanwalt kann aber aus „ermittlungstaktischen Gründen“ keine näheren Angaben machen.

Aber nach übereinstimmenden Informationen von MDR und MZ handelt es sich um einen Mann, der schon vor knapp drei Jahrzehnten den Ermittlern auf- fällt und zum Kreis der Verdächtigen zählt. Bei dem Berliner - damals 18 Jahre alt - wird eine Hausdurchsuchung durchgeführt.

Die Beamten entdecken ein großes Bild von Beate und beschlagnahmen Festplatten. Der junge Mann zeigt sich aber nicht besonders kooperativ und hält seine Passwörter geheim. Das erweist sich vor 28 Jahren tatsächlich als Problem.

In den knapp drei Jahrzehnten danach gibt es aber mindestens fünf weitere Verdächtige, darunter drei Serienmörder. Das liegt vor allem daran, dass neun Tage nach der Ermordung von Beate eine weitere junge Frau spurlos verschwindet. Auch sie war eben wie Beate in Richtung Wiesenburg unterwegs.

Klarheit könnten hier DNA-Spuren auf Beates Kleidung bringen. Allerdings sind die Sachen spurlos verschwunden. Möglich ist, dass sie - so eine Erklärung des Rätsels - unter einem falschen Aktenzeichen abgelegt wurden. Auch hier hat die Staatsanwaltschaft nach MZ-Informationen die Suche aktivieren lassen.

Schaut der Killer „Kripo live“?

Und Wolf hofft, dass sein emotionaler Beitrag dafür sorgt, dass der Mörder sein Gewissen erleichtern will. „Die Staatsanwaltschaft hält es für möglich, dass auch der Täter selbst die Sendung sieht, in der ihm vor Augen geführt wird, was er getan hat“, so Wolf.

Und es gibt noch eine weitere Chance: Viele Menschen, die ein Verbrechen begehen, erzählen irgendwann davon. Laut einer Studie gibt es in 40 Prozent der Mordfälle einen oder gar mehrere Mitwisser. Und die schauen vielleicht am Sonntag ab 19.50 Uhr auch „Kripo live“. (mz)

Ingeborg Landgraf zeigt dem MDR-Reporter den Ort des Verbrechens.
Ingeborg Landgraf zeigt dem MDR-Reporter den Ort des Verbrechens.
MDR