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Auf den Spuren des Weines Auf den Spuren des Weines: Was Günter Böhme in Kemberg herausfand

Von Karina Blüthgen 11.12.2019, 11:42
Günter Böhme plauderte über den Kemberger Wein.
Günter Böhme plauderte über den Kemberger Wein. Blüthgen

Kemberg - Einem so gar nicht trockenen Thema widmete sich Günter Böhme jüngst in einem Vortrag zur Kemberger Geschichte. Böhme, Betreuer des Historischen Stadtarchivs hat Kämmereirechnungen, Polizeiakten und andere Dokumente nach Hinweisen zur Geschichte des Kemberger Ratskellers, des Weinausschanks und des städtischen Weinbergs gesichtet. Die erste von ihm gefundene Überlieferung des Ratskellers in der Stadt stammt aus dem Jahr 1488.

Bis 1597 war Wirt angestellt

„Damals hat der Ratskeller ein Privileg zum Weinausschank bekommen. Aber eigentlich ist mir das zu jung“, so Böhme. Denn das Bestehen des Rathauses sei schon aus noch früheren Akten belegt (erstmals 1353 genannt), und Ratskeller gehörten üblicherweise zum Hause dazu.

„Bis 1597 war die Stadt Betreiber des Ratskellers, der Wirt war ein Angestellter. Danach wurde der Ausschank verpachtet“, erklärt Böhme einer großen interessierten Zuhörerschar im heutigen Ratskeller. Ursache für den Wechsel zu Verpachtungen waren wohl die Jahre mit Verlustbilanz, die jene mit Gewinn überwogen haben.

Als das Haus in städtischer Verwaltung war, finden sich Angaben zu den Mengen der ausgeschenkten Getränke in den Akten. Und: Es war Wein, der im ersten Haus am Platz in die Gläser floss. „Bier wurde früher in bis zu 72 Kemberger Grundstücken gebraut und ausgeschenkt“, blickt Böhme zurück. Für den Ratskeller sei Bier hingegen „nicht standesgemäß“ gewesen. „Es war zu gewöhnlich.“

Zur Wahl standen dem Gast Franken- und Rheinwein sowie Landwein, letzterer stammte aus Kemberg und hiesiger Region. Umgerechnet auf heutige Maße wurden pro Jahr über 5000 Flaschen Wein umgesetzt.

Zudem war der Importwein teuer, so eine Flasche kostete mehr als den Tageslohn eines Handarbeiters. Wer im Ratskeller einkehrte, war also nicht arm. Landwein wurde auch in Kemberg selbst hergestellt. Straßennamen wie „Weinbergstraße“ zeugen vom Weinanbau.

Den städtischen Weinberg hat Böhme zwischen der Straße „Weinberg“ und der Reudener Straße ausgemacht, zum Teil in kirchlichem Besitz. „In den meisten Rechnungen findet sich, dass der Ratskeller-Pächter den Wein der Stadt aufgekauft hat.“

Mit Wein „traktiert“

Doch der Wein wurde nicht nur ausgeschenkt. Honoratioren und wichtige Leute aus Wittenberg bekamen ihn als Geschenk, ja sie wurden offenbar „mit großen Mengen Wein traktiert“, so Böhme über entsprechende Rechnungen, die dies belegen.

Wie immer hat der Archivbetreuer alle gefundenen Namen und Zahlen akribisch aufgelistet. Das 134 Seiten starke Begleitheft zum Thema führt entsprechend alle Pächter und Wirte des Ratskellers, die Zusammenstellung der ausgeschenkten Weine sowie Einnahmen und Ausgaben von Ratskeller, Wein und Weinberg auf, soweit vorhanden.

Darunter sind auch die Rechnungen der im Rathaus befindlichen Garküche, die sich neben dem Ratskeller befunden hat. Diese würde man nach heutigen Maßstäben als Imbiss bezeichnen.

››Das Heft, Nr. 26 der Heimatgeschichtlichen Mitteilungen zum Thema Ratskeller und Wein ist zum Selbstkostenpreis beim Autor erhältlich; Informationen unter Tel. 034921/2 06 41. (mz)