Annaburger Nutzfahrzeuge Annaburger Nutzfahrzeuge: Herkules auf dem Acker

Annaburg - Das bodennahe Ausbringen organischen Düngers und die Dokumentation der Düngermengen sind zwei Hauptforderungen, die die im März 2017 novellierte Düngemittelverordnung für Landwirte mit sich bringt.
In der Annaburger Nutzfahrzeuge GmbH spiegelt sich das laut Marketingreferent Marcel Forberger in der Nachfrage nach Technik wider, die den Landwirten hilft, diese „Herkulesaufgabe“ zu bewältigen. Zumal mit der neuen Verordnung auch die Zeitfenster, in denen Dünger ausgebracht werden darf, kleiner geworden sind, nicht aber die zu bestellenden Flächen. Ergo würden größere und leistungsfähigere Fahrzeuge benötigt.
Vier Messeneuheiten
Diesem Trend entsprechend haben die Annaburger im November auf der Agritechnica in Hannover, der weltgrößten Messe für Landtechnik, vier neue Fahrzeuge vorgestellt: einen Überladewagen mit 46 Kubikmetern Fassungsvermögen, aus dem zum Beispiel Saatgut in Drillmaschinen befüllt werden kann; einen großvolumigen Muldenkipper mit bodenschonendem hydraulischem Fahrwerk sowie zwei Gülletanker.
Mit dem „EcoTanker“ zum Beispiel, der 30 Kubikmeter Fassungsvermögen hat und aus glasfaserverstärktem Kunststoff besteht, können große Mengen Gülle- oder Gärreste kraftstoffsparend transportiert werden. Auf einem ebenfalls neuen Sattelauflieger war er im vergangenen Sommer im Testbetrieb beim Agrodienst in Jessen. „Außerdem haben wir eine neue Baureihe unseres Güllefahrzeugs Powertanker“, berichtet Forberger.
Das Fahrzeug mit 18,5-Kubikmeter-Tank wurde mit einem neuartigen Pumpensystem auf der Basis einer Kreiselpumpe ausgestattet. Kreiselpumpen seien kostengünstiger in Anschaffung und Wartung und daher sei das System eine gute Alternative zur Drehkolbenpumpe, erklärt der Fachmann. „Aus dem Vorratstank wird die Gülle zunächst über einen Kompressor angesaugt.
Wenn die Gülle die Kreiselpumpe erreicht hat, beginnt diese mit voller Leistung zu arbeiten.“
Gemeinsam mit der Firma Rasspe Systemtechnik aus Wermelskirchen haben die Annaburger eine Kombination aus Häcksler und Universalstreuer zur Aufbereitung von Gärsubstraten entwickelt. Christian Puls, Geschäftsführer bei Annaburger, spricht von einer Kernschmelze im positiven Sinne: „Häckseln ist das Kerngeschäft der Firma Rasspe, der Universalstreuer ist unser Kerngeschäft.“
Eine zweite Kooperation bestehe mit der Firma Holmer, die die 650 PS starken Trägerfahrzeuge für die großen Annaburger Gülleausbringer baut. „Das ist für den Profibereich“, sagt Puls. „Mit dem Traktor ist man da nicht mehr schlagkräftig.“
Das dritte Kooperationsprojekt ist der Universalstreuer mit Wiegesystem der Firma „Uniscale“, das die Nährstoffmenge des Bodens misst, das Substrat entsprechend dosiert und zugleich die auf die Fläche aufgebrachte Düngermenge aufzeichnet.
„Der Landwirt braucht diese Daten zur Dokumentation nur noch in seinen Computer zu übertragen“, erklärt der zweite Geschäftsführer André Lüderitz. „Drei große Kooperationsprojekte, das ist einmalig in der Firmengeschichte“, so Geschäftsführer Puls. Die Exportquote der Annaburger Produkte liegt zwischen 70 und 80 Prozent.
Bis vor etwa zwei Jahren hatten sich die die beiden Hauptrichtungen „low Budget“, also sparsam, und „Profi“ - das sind Dienstleister wie etwa der Jessener Agrodienst - herauskristallisiert. „Jetzt macht sich aber wieder so etwas wie eine Mittelschicht zwischen Agrarbetrieben ab 1.000 Hektar und Lohndienstleistern bemerkbar“, sagt Lüderitz.
Auf der Messe sei eine deutlich bessere Stimmung bei den Landwirten zu verzeichnen gewesen als noch vor einem Jahr. „Man merkt, dass sich die Einkommenssituation insbesondere bei den Milchviehbetrieben und Schweinehaltern und zum Teil auch im Ackerbau verbessert hat“, berichtet Marcel Forberger.
Noch bis 2020 rechnen die Annaburger mit den Auswirkungen der Düngemittelverordnung, bis dahin muss alle Ausbringetechnik umgerüstet sein. Die Lieferzeiten bei Neufahrzeugen lägen derzeit im März.
Zu langsam vorwärts
Die rund 200 Mitarbeiter des Unternehmens seien fast alle in der Region zu Hause, das kann auch schon Sachsen oder Brandenburg sein. Und nicht zum ersten Mal beklagt die Firmenleitung die schlecht ausgebaute Infrastruktur, das betreffe sowohl Internet als auch Straßenanbindung. „Unsere Lieferanten fahren zu lange zur Autobahn“, so Puls.
Der Ausbau der B 187 zwischen Jessen und der A 9 sei mehr als nur eine Notwendigkeit. „Wenn wir das hätten, ginge es schon dreimal schneller“, so Puls. „Das ist unser Wunsch an die Politik, das muss Priorität Triple A haben. Die langfristigen Planungen sind einfach gruselig.“ (mz)