Advent im Wörlitzer Schloss Advent im Wörlitzer Schloss: Südsee trifft Weihnachten

Wörlitz - Es gibt Dinge im Jahr, auf die freut man sich wochenlang - und dann sind sie viel zu schnell wieder vorbei. Ähnlich wird es wohl auch vielen Besuchern am Wochenende in Wörlitz ergangen sein. Das historische Stadtzentrum erstrahlte in weihnachtlichem Glanz - es duftete nach Lebkuchen, frischer Tanne und Glühwein. Nach nur drei Tagen besinnlicher Weihnachtsstimmung war am frühen Abend des ersten Advents der Zauber wieder verflogen, die ersten Händler räumten wieder zusammen.
Arbeiten laufen seit 20 Jahren
Den zahlreichen Besuchern, die ganz aus der Nähe, aber auch von weither angereist waren, wurde jedoch in der kurzen Zeit ein unvergessliches Programm geboten. Dazu gehörten weihnachtliche Konzerte, Märchenvorstellungen und kurze Sonderführungen durch das Wörlitzer Schloss mit der Besichtigung aller Etagen. Das klassizistische Schlossbauwerk am Rande des Wörlitzer Parks wird seit etwa 20 Jahren aufwendig restauriert - nun geht es langsam auf die Zielgeraden.
„Insgesamt werden noch sechs von etwa 40 Räume erneuert. Wenn alles gut läuft, sind die Restaurationsarbeiten im Frühjahr 2020 abgeschlossen“, berichtet Schlossführer Hans-Jürgen Franke. Bis dahin werden jedoch Besichtigungen angeboten - so auch am ersten Advent. Eine kleine Gruppe von Besuchern führt der 64-jährige Wörlitzer durch die ehemalige Sommerresidenz des Fürsten Franz von Anhalt-Dessau und seiner Frau Luise.
Beeindruckende Säle mit verzierten Stuck-Elementen und historischen Bildern zeigt er. „Diese Bilder sind 1771 in Rom gemalt wurden. Etwa zur gleichen Zeit, als das Schloss erbaut wurde“, sagt Hans-Jürgen Franke und deutet auf die Malereien. Dann richtet er seinen Blick nach oben auf an die Decke des mehr als fünf Meter hohen Raumes.
Dort oben hängt eine Freskenmalerei, die auf eine Leinwand gemalt wurde. „Sie glauben gar nicht, was das für eine Arbeit war, diese Leinwand abzunehmen und dann wieder anzubringen, ohne das sie Falten schlägt und die Farbe abblättert“, erklärt der Museumsführer und lacht.
In jedem Raum des Schlosses erkennt man Parallelen zu italienischen und englischen Fürstenhäusern. Ganz besonders im „Palmensaal“ wird dies deutlich: Bunte Wandmalereien mit Vögeln und Granatäpfeln, dazu aufgestellte Holzpfeiler, an denen Palmenblätter und Kokosnüsse befestigt sind. „Fürst Franz hatte nämlich den Wunsch, das Südseeflair in sein Schloss zu holen“, sagt Franke und zeigt auf die pastell-blauen Wände.
In diesem Sommer hatte der 64-Jährige das erste Mal eine etwas ungewöhnliche Führung gegeben: „Italienische, kirchliche Würdenträger kamen tatsächlich nach Wörlitz, um sich hier im Schloss die Bilder anzuschauen. Und sie waren erstaunt, dass sich in dieser kleinen Provinz so viel Italien befindet.“
Beeindruckende Aussicht
Der Wörlitzer führt die Gäste am Sonntag noch über eine sogenannte Schiffsleiter zu dem höchsten Punkt des Schlosses - dem Belvedere - einer Aussichtsplattform mit Kuppel. Von dort lässt sich das gesamte Gartenreich überblicken und sogar bis nach Coswig schauen.
Wenn man in Richtung Petrikirche blickt, kann man in diesem Moment das Blasorchester auf dem Turm spielen hören und das Treiben auf dem Weihnachtsmarkt verfolgen. „Ein fürstlicher Ausblick“, sagt eine Besucherin, lehnt sich über das weiße Geländer und lässt sich vom Lichtermeer verzaubern. So etwas nennt man wohl Adventsstimmung.
(mz)