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Landkreis Wittenberg Landkreis Wittenberg: Durchleuchten im Akkord

Von Corinna Nitz 21.04.2008, 19:31

Wittenberg/MZ. - Im Mamma-Mobil ist es warm. Gefühlte 25 Grad. Mindestens. Doch nicht nur die engen räumlichen Verhältnisse in dem High-Tech-Gefährt mit seinen Minifenstern sorgen für hohe Temperaturen. Vor allem, so Annegret Schlötzer, gibt das Röntgengerät viel Strahlungswärme ab.

Annegret Schlötzer ist Röntgenassistentin. Ihre Eltern führen in Dessau eine Radiologische Gemeinschaftspraxis. Die Mutter, Heike Schlötzer, ist für die Durchführung des Mammographie-Screenings in Sachsen-Anhalt Ost verantwortlich (die MZ berichtete). Im Gegensatz zu anderen Gebieten der Bundesrepublik, in denen die Teilnahme an dem vom Bundesgesundheitsministerium initiierten, kostenlosen Vorsorgeprogramm zunächst eher mäßig anlief, registrierte die Fachärztin hierzulande eine positive Resonanz. Mehr als die Hälfte aller angeschriebenen Frauen im Alter von 50 bis 69 Jahren, hieß es dazu kürzlich, nehmen demnach das Screening wahr. Für Annegret Schlötzer bedeutet das durchleuchten im Akkord. Immerhin kommen um die 100 Frauen täglich in das Mamma-Mobil, das nach einem Zwischenstopp am Wittenberger Marktplatz nun seinen Standort an der Kreismusikschule der Lutherstadt hat. Reichlich acht Stunden verbringt Schlötzer gemeinsam mit ihrer Kollegin Edlinde Hohmann in dem Wagen. "Vier bis fünf Minuten Zeit haben wir für eine Untersuchung", sagt sie. Wobei es vorkommt, dass einige Frauen auch einmal Zuspruch benötigen. Dann könne es schon mal etwas länger dauern.

Die Daten der Frauen erhalten die Untersucher von der Zentrale in Bremen, welche mit den Einwohnermeldeämtern kooperiert. Eingeladen wird straßenweise. Das führt dazu, dass im Wartebereich des Mamma-Mobils mitunter angeregt geplaudert wird. Man kennt sich schließlich. Im Übrigen wirken die Frauen entspannt. Ängstlich jedenfalls ist keine von ihnen. Dass sie auf einen guten Befund hofft, sagt etwa Jutta Hüller. Die 63-Jährige sei zuletzt vor zehn Jahren bei einer Mammographie gewesen. Damals war alles in Ordnung, und Beschwerden hatte sie seither auch keine.

Allerdings muss Beschwerdefreiheit kein Garant für Gesundheit sein. Manche Karzinome sind so winzig, dass sie etwa bei den normalen Tastuntersuchungen beim Frauenarzt nicht aufgespürt werden. "Etwa sieben Prozent aller Frauen", sagt Radiologin Heike Schlötzer der MZ, "werden nach dem Screening zur weiterführenden Diagnostik wieder einbestellt." In Deutschland erkranken jährlich rund 57 000 Frauen an Brustkrebs. Die Heilungschancen steigen erheblich, je früher die Diagnose gestellt wird.

Auf die Frage, wie sie reagieren, wenn sie in ihrem Mamma-Mobil auf dem Monitor mal etwas Verdächtiges wahrnehmen, antwortet Annegret Schlötzer, dass sie gar nichts sagen. Das sei Sache des Arztes, der die Aufnahmen auswertet. Im Durchschnitt vergeht eine Woche, bis die Frauen über die Ergebnisse und, falls erforderlich, über die weitere Verfahrensweise benachrichtigt werden. Dass sie in den mobilen Untersuchungseinheiten keinen Arzt an Bord haben, was das Procedere womöglich verkürzen könnte, sei jedoch gewollt. Es soll ja gerade nicht der Eindruck eines Arztbesuches entstehen.

Frauen wie Irma Würzberg hätten auch damit sicher kein Problem. Die 51-jährige Gymnasiallehrerin für Mathematik und Physik wartet (zumindest äußerlich) völlig entspannt im Mamma-Mobil auf ihre Untersuchung. Ihr Vertrauen in die moderne Technik scheint enorm. "Wenn wir sie nicht hätten, könnten wir ja gleich mit Lendenschurz und Keule durch den Wald ziehen", gibt sie forsch-fröhlich zu Protokoll. Gedanken macht Würzberg sich höchstens über die Qualität der Aufnahmen. Und darüber, dass die Ärzte zur Auswertung frisch sind und bei der Menge der zu befundenden Bilder keine Ermüdungserscheinungen eintreten.

Ansonsten sind sich die Frauen über eines einig: Dass das Screening eine höchst sinnvolle Angelegenheit ist.