Zu klein für die Zukunft Zu klein für die Zukunft: Schließt Aryzta Standorte in Mansfeld und Artern?

Halle (Saale) - Der Back-Konzern Aryzta kommt in Mitteldeutschland nicht zur Ruhe: Nachdem das Schweizer Unternehmen im Jahr 2016 bereits ein Produktionswerk in Klötze (Altmark) geschlossen hat, werden nun zwei weitere Werke auf den Prüfstand gestellt. Mitarbeiter des Unternehmens berichten der MZ, dass die Produktionslinien im Werk Mansfeld (Landkreis Mansfeld-Südharz) und Artern (Thüringen) geschlossen oder in das benachbarte große Werk in Eisleben verlagert werden sollen. Damit verbunden sei die Schließung der Standorte.
Auf MZ-Anfrage äußert sich der Hersteller von Tiefkühl-Backwaren nicht konkret zu den Standorten. Ein Firmensprecher bestätigte jedoch: „Es ist nicht auszuschließen, dass die Linienreduzierung zur Schließung kleinerer Produktionsstandorte führen kann.“ Es würde „die Möglichkeit von Kapazitätsverschiebungen geprüft“.
Die Pläne sind offenbar schon sehr konkret, denn das Unternehmen teilt mit: „Daher ist angedacht, die Produktionsumverteilung in den nächsten zwölf bis 18 Monaten schrittweise vorzunehmen.“
Beschäftigte sollen nach MZ-Informationen nach Eisleben wechseln
Am thüringische Standort Artern arbeiten aktuell nur noch 25 Mitarbeiter. Sie stellen Brötchen für die Fast-Food-Kette Subway her. Mansfeld ist mit 180 Mitarbeitern größer. Dort werden viele verschiedene Produkte wie etwa Plunder und Pizzataschen hergestellt.
Betroffenen Mitarbeitern will Aryzta „an anderen Produktionslinien beziehungsweise Standorten Arbeitsplätze anbieten“. Die Beschäftigten sollen nach MZ-Informationen nach Eisleben wechseln, dort arbeiten bereits 1.700 Mitarbeiter. Von Mansfeld nach Eisleben sind es etwa 20 Kilometer. Artern liegt etwa 35 Kilometer entfernt. Von der Umstrukturierung nicht betroffen ist der Standort Nordhausen in Thüringen. In dem Werk arbeiten etwa 200 Mitarbeiter.
Mit der möglichen Schließung in Mansfeld würde Aryzta auch die Wurzeln des Back-Unternehmens in Mitteldeutschland kappen. Der aus Baden-Württemberg stammende Wilhelm Küntzle startete im Jahr 1993 in Mansfeld mit 15 Mitarbeitern eine Croissant-Produktion. Die Eigentümerfamilie setzte frühzeitig auf Tiefkühlbackwaren, die in Back-Shops und Supermärkten nur noch aufgebacken werden müssen. Innerhalb weniger Jahre entstand ein großes Back-Unternehmen, das Anfang 2013 an Aryzta verkauft wurde.
„Drei Jahre nach der Fricopan-Werkschließung treten meine schlimmsten Befürchtungen ein.“
Die Schweizer investierten auch kräftig in den Standort Eisleben. 100 Millionen Euro flossen in neue Produktionsanlagen. Die kleineren Standorte bleiben nun aber offenbar auf der Strecke. Bereits 2016 wurde das Fricopan-Werk Klötze (Altmark) mit 500 Mitarbeitern geschlossen. Das führte in der Region zu heftigen Protesten. Der frühere Aryzta-Manager Sebastian Gooding begründete die Schließung damit, dass der Standort mit veralteten Anlagen „im preisintensiven Wettbewerb keine guten Chancen“ mehr hatte. Gooding hat das Unternehmen inzwischen verlassen, weil er das Geschäft entwickeln wollte, statt nur zu sparen.
Ähnlich klingen nun wieder die Erläuterungen von Aryzta. „Die aktuell auf dem deutschen Brot- und Backwarenmarkt bestehenden Überkapazitäten veranlassen Aryzta, sein Produktportfolio angemessen zu harmonisieren und die Produktionskapazitäten der aktuellen Auftragslage anzupassen“, teilte der Firmensprecher mit. Es gehe um „klug genutzte Synergien innerhalb des Bäckerei-Netzwerkes.“
Anders sieht das Sachsen-Anhalt Linken-Parteichef Andreas Höppner, der vor einigen Jahren selbst Betriebsrat im Fricopan-Werk war: „Drei Jahre nach der Fricopan-Werkschließung treten meine schlimmsten Befürchtungen ein.“ Viele Beschäftigte müssten um ihre Jobs bangen. Höppner macht Management-Fehler für die Schließungen verantwortlich. Durch die Schließung in Klötze sei es zudem zu Produktions- und Kundenverlusten gekommen. „Auch das neue Management scheint nicht in der Lage zu sein, Aryzta auf einen stabilen Kurs zu bringen“, meint Höppner. Der Aryzta-Betriebsrat wollte sich auf MZ-Anfrage derzeit noch nicht zur Situation äußern.
Hoher Preisdruck am Backwarenmarkt
Das Schweizer Mutter-Unternehmen befindet sich aktuell in einer Restrukturierung. Der Konzern mit weltweit 57 Produktionsstätten hat vor allem im US-Geschäft Probleme. Zwar sind zuletzt die Umsätze gestiegen, die Gewinne bleiben aber weiter hinter den Erwartungen zurück.
Aryzta ist einer der großen Hersteller im deutschen Tiefkühl-Backwarenmarkt. Verschiedenste Arten von Brötchen und Brot werden an Supermarkt-Ketten, Hotels und andere Bäckereien verkauft. Der TK-Backwarenmarkt legte in Deutschland im Jahr 2018 um 3,9 Prozent zu. Die Preise sind jedoch unter Druck. Das gilt laut Fachleuten vor allem für Massenprodukt-Hersteller wie Aryzta.
(mz)