Unter 15 PS Unter 15 PS: Autofahrer dürfen ohne Prüfung aufs Motorrad

Hettstedt/Eisleben/Sangerhausen - Der Vorschlag von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), das Fahren leichter Motorräder mit Auto-Führerschein und ohne gesonderte Prüfung zu erlauben, stößt bei Fahrlehrern der Region auf Ablehnung. „Ich halte das nicht für sinnvoll“, sagte Alexander Weber, Inhaber einer Fahrschule in Hettstedt.
In der vergangenen Woche war ein Entwurf des Bundesverkehrsministeriums bekanntgeworden, nach dem Autofahrer unter bestimmten Voraussetzungen auch Motorräder der Klasse A1 mit einem Hubraum von bis zu 125 Kubikzentimetern und nicht mehr als 15 PS steuern dürfen.
Schulung statt Prüfung
Sie müssen demnach mindestens 25 Jahre alt sein, seit fünf Jahren eine Autoführerschein besitzen und eine Schulung mit fünf Einheiten à 90 Minuten absolvieren.
Fahrlehrer Weber sagte der MZ, dass er grundsätzlich offen sei für neue Vorschläge. Diesem aber könne er nicht viel abgewinnen. „Das ist gefährlich“, sagte er. In anderen Ländern sei Ähnliches schon probiert worden, mit schlechten Erfahrungen.
Autofahrer in einem derart kurzen Rahmen auf das Motorradfahren vorzubereiten, funktioniere nicht, so Weber. Dass Inhaber eines Autoführerschein der Klasse B bereits jetzt Motorroller fahren dürfen, ändere daran nichts.
Ohne Führerschein auf die Autobahn
Ein Roller fahre maximal 45 Kilometer pro Stunde und wiege vielleicht 70 Kilo. Auch ein vermeintlich kleines Motorrad lasse sich damit nicht vergleichen. „Die sind deutlich schwerer und fahren über 100 Kilometer pro Stunde.“ Zudem dürfte man mit den Maschinen auf die Autobahn.
Auch der Sangerhäuser Fahrlehrer Frank Uwe Socher kritisierte die Pläne des Verkehrsministers. „Der Mann weiß nicht wie es auf den Straßen zugeht“, sagte er.
Scheuer habe sich keine Gedanken darüber gemacht, „was Motorrad fahren bedeutet“, so Socher weiter. „Die Leute müssen stufenweise herangeführt werden, das Motorrad ist ein Balancefahrzeug.“
Wie Fahrlehrer Weber erläuterte, müssen Motorrad-Interessierte derzeit eine umfangreiche Praxis- und Theorieausbildung machen. Diese umfasse beispielsweise zwölf Stunden Sonderfahrten über Land, Autobahn oder sogenannte Lichtfahrten, außerdem Slalomübungen oder das Trainieren von Gefahrenbremsungen.
Sechs Motorradfahrer in Sachsen-Anhalt tödlich verunglückt
Auch mit der Fahrphysik werde sich beschäftigt, etwa mit der Ideallinie oder den Kräften, die in Kurven wirken. Laut Statistik gab es im 2018 im südlichen Sachsen-Anhalt 359 Motorradunfälle. 223 Personen wurden verletzt, davon 95 schwer. Sechs Fahrer verloren ihr Leben.
Nicht gänzlich ablehnend reagiert dagegen der ADAC auf den Vorschlag aus dem Ministerium. „In der Anfangsphase müsste man sich die Unfälle genau ansehen, um schnell reagieren zu können“, sagte Sprecherin Alexandra Kruse.
Durch die Gesetzesänderung könne sich die Mobilität der Bewohner in ländlichen Regionen jedoch verbessern. „Aber man muss sicher sein, dass die Fahrer ausreichend geschult werden.“ Ob fünf Fahrstunden da wirklich ausreichend sind, könne man nicht sagen.
(mz)