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Schäfer Klaus Otto Schäfer Klaus Otto: Echte Osterlämmer aus Klosternaundorf

Von Lucas Wölbing 25.03.2016, 19:33
Schäfer Klaus Otto und sein Enkel Max begeben sich gemeinsam auf die Suche nach den Osterlämmern.
Schäfer Klaus Otto und sein Enkel Max begeben sich gemeinsam auf die Suche nach den Osterlämmern. Maik Schumann

Klosternaundorf - Einsam steht er dort mitten auf dem Feld: Der alte Schafstall. Ein breites Holztor und dunkle Schindeln lassen ihn wirken wie im Märchen: fast schon verschlafen, ein Ort zum Träumen. Kein Mensch ist zusehen, als Klaus Otto und sein Enkel Max über den Acker stapfen. Es ist früh am Morgen, in der Nacht hat es geregnet, der Boden ist noch nass. Doch hinter dem hölzernen Tor unweit von Klosternaundorf warten echte Frühlingsboten. Otto soll zu den letzten Schäfern im Landkreis gehören, die noch echte Osterlämmer aufziehen.

Langsam schiebt er den Riegel zurück. Und tatsächlich: Drinnen wartet ein Meer aus weißen Wolken. Flauschige Wolle, soweit das Auge reicht. „Etwa dreihundert Stück. Der Großteil meiner Herde“, sagt der Schäfer nicht ohne Stolz. Er öffnet das Gatter und steht mitten unter seinen Tieren. Einige weichen zurück, als sie den Mann mit Hut und Hirtenstab sehen, doch die meisten beachten ihn gar nicht. Sein Enkel Max hascht nach einem der kleineren Schafe; will es streicheln. Doch der junge Bock hat seinen eigenen Kopf. Ist das etwa schon ein Osterlamm? Klaus Otto winkt ab. „Das ist doch dafür viel zu alt“, erklärt er. Denn wenn es um Lämmer geht, unterscheiden die Schäfer haargenau. Wichtigstes Kriterium: Das Geburtsdatum. Denn nur weil ein Schäfchen klein und niedlich aussieht, hat es noch lange nicht die Ehre eines Osterlammes verdient.

„Die Jungtiere, die 2015 geboren sind, nennen wir Jährlinge“, merkt der Schäfer an. „Davon habe ich eine ganze Menge.“

Also auf zum nächsten Gatter. Irgendwo müssen sich diese Osterlämmer ja versteckt haben. Zuerst sind sie gar nicht zu erkennen, zwischen den dicken „Wolldecken“ ihrer Mütter, doch im weichen Heu kuscheln sich gerade zwei winzige Tierchen. „Das sind doch Osterlämmer?“, fragt Max seinen Opa. Doch der schüttelt schon wieder den Kopf. „Die sind erst acht Tage alt, unsere Nesthäkchen“, sagt er.

Aber dann sind sie doch zur Osterzeit geboren. Oder etwa nicht? Der Schäfer lacht, bevor die Erklärung folgt: Osterlämmer nennt man nur die Jungschafe, die groß genug sind, um am Ostersonntag auf den Tisch zu kommen. Nur, wer im Januar das Licht der Welt erblickt, erfüllt diese Voraussetzung.

Also hat der Begriff Osterlamm mit dem Festschmaus zu tun? Otto nickt, doch das sei auch nicht mehr die Regel. „Wer isst zu Ostern noch Lammfleisch?“, fragt er. „Das war früher noch eine richtige Tradition, aber heute...“ Er muss zugeben, dass viele Osterlämmer in Deutschland die Feiertage mittlerweile unverspeist überleben. „Bei uns zu Hause kommt es aber nach wie vor auf den Tisch, sonst wäre ich ja kein echter Schäfer“, stellt Klaus Otto klar. „Meine Frau hat da ein super Rezept und dazu gibt es meistens Bohnen.“

Aber daran will Enkel Max noch gar nicht denken, als er endlich ein Lamm in den Armen hält. Spätestens bis Pfingsten sollten die letzten Jungtiere verkauft sein, doch so lange bleiben sie hier im warmen Stall. Übrigens nur unter der Aufsicht von Frauen. Hier herrscht nämlich strenge Geschlechtertrennung. Nachdem die Hammel im Sommer ihre Damen besucht haben, gehen sie zurück ins eigene Gatter. „Ich hoffe ja, dass die meisten Lämmchen Einzelkinder bleiben“, scherzt Otto. „Oder maximal Zwillinge. Denn so ein Schaf hat nur zwei Zitzen. Bekommt es drei Lämmer, wird es kritisch.“ Dann muss der Schäfer wohl oder übel mit der Flasche nachhelfen. Zum Glück kommt das in diesem Jahr nicht vor. Alle Osterlämmer erhalten von ihren Müttern genügend Milch. „Sie trinken gut. Am Tag nehmen sie 300 bis 400 Gramm zu“, freut sich der Schäfer.

50 Jahre ist er jetzt schon im Dienst, kümmert sich um die Schäfereien in seinem Heimatort Winkel und in Klosternaundorf. „Ich bin 65“, erzählt er. „Ich werde schon noch ein paar Jahre arbeiten.“ Er blickt auf seinen Enkel. Der vierjährige stochert mit seinem Hirtenstab im Heu. „Einen Nachfolger hätte ich ja“, sagt Otto. „Würden nur keine 60 Jahre zwischen uns liegen.“ Max schaut ihn mit großen Augen an: „Aber Opa, ich bin doch schon ein Schäfer“, lacht er. (mz)