Kyffhäuser als Zugpferd Kyffhäuser als Zugpferd: Wie der Tourismus im Südharz von Thüringen profitieren kann

Kelbra/Heringen - Für Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) sind sie in einem exklusiver Club - die Biosphärenreservate in Deutschland. Und die Region zwischen den beiden Naturparken Südharz und Kyffhäuser soll der Türöffner für diesen elitären Kreis sein.
„Es ist ein Vorschlag und eine Chance für die Region“, warb Siegesmund bei der Vorstellung einer aktuellen Studie des Biosphärenreservat-Experten Hubert Job von der Universität Würzburg für ein solches Reservat. Demnach bringen Besucher des Naturparks Kyffhäuser jährlich fast 27 Millionen Euro in die Region. Das sichere knapp 800 Arbeitsplätze.
Besucher des Naturparks Südharz sichern 600 Arbeitsplätze
Im Naturpark Südharz sind es über 20 Millionen und knapp 600 Arbeitsplätze. „Gerade die Übernachtungsgäste sind es, die interessant sind“, sagte die Politikerin vor über 120 Gästen im Schloss Heringen. Dabei verwies sie auf das regional einzigartige Zusammenspiel von Natur- und Kulturtourismus, insbesondere am Kyffhäuser und am Stausee Kelbra.
„Naturschutz schafft Jobs und kurbelt den Tourismus an, das haben wir jetzt noch einmal schwarz auf weiß“, reagierte Siegesmund auf Kritik aus der Wirtschaft, dass Naturschutz oftmals Arbeitsplätzen im Wege stehe. „Es geht um Einkommen in ländlichen Regionen und eine Perspektive für die nächsten zehn bis 20 Jahre, im Einklang mit der Natur“, warb die Ministerin für ein Biosphärenreservat mit einer Anerkennung durch die Unesco. Dieses würde die Besucher- und Übernachtungszahlen steigern und die Nachfrage nach regionalen Produkten erhöhen.
„Ohne den Südharz kann es kein Biosphärenreservat geben“
Job, der eine Professur für Geografie und Regionalforschung innehat, sprach sich mit Blick auf die Studie für ein großes Schutzgebiet aus. „Ohne den Südharz kann es kein Biosphärenreservat geben“, sagte er mit Verweis auf die wissenschaftlichen Untersuchungen der beiden Regionen.
Demnach verzeichnete der Naturpark Kyffhäuser im Jahr 2017 rund 800.000 Besucher, davon waren rund 43 Prozent Übernachtungsgäste. Im Südharz wurden 580.000 gezählt, 36 Prozent davon übernachteten dort. In Prognosen bis zum Jahr 2050 geht man von deutlichen Steigerungen aus - allerdings nur bei einem gemeinsamen Reservat. Anderenfalls würde die Region zurückfallen.
Tourismus: Im Südharz fehlt es an attraktiven Hotels
Nordhausens Landrat Matthias Jendricke (SPD) zeigte sich von den Ergebnissen der Studie nicht überrascht. Beim Weg in den Hochharz würden Touristen den Südharz oftmals überspringen. „Wir habe zu wenig attraktive Hotels“, sieht Jendricke Defizite in der Entwicklung.
Ohne Zweifel sei hier touristisch „eine noch größere Hebelwirkung zu erzielen“, sagte er. Seine Amtskollegin aus dem Kyffhäuserkreis, Antje Hochwind (SPD), stimmte dem zu und erinnerte daran, dass der gemeinsame Tourismusverband Südharz durchaus Früchte getragen habe. „Ländergrenzen spielen dabei keine Rolle“ sagte Hochwind.
Industrielle Entwicklung wird in der Region gebremst
Bedenken kamen in der anschließenden Podiumsdiskussion auf. In einer ohnehin strukturschwachen Region werde durch den zusätzlichen Schutzstatus die industrielle Entwicklung gebremst, hieß es aus dem Publikum. Eine Diskussion, die im Landkreis Mansfeld-Südharz (Sachsen-Anhalt) seit Jahren geführt wird und die eine Ausweisung des angrenzenden Biosphärenreservates Gipskarstlandschaft nach Unesco-Kriterien bislang verhindert hat.
Die Gemeinde Südharz hat dem Vorhaben seine Zustimmung verweigert - Bedingung der Unesco ist jedoch, dass alle Kommunen zustimmen. In Thüringen droht ähnliches. In Ellrich stemmt man sich aus Furcht um Arbeitsplätze in der Gipsindustrie gegen das Vorhaben. Dessen ungeachtet hat das Land Sachsen-Anhalt das Schutzgebiet inzwischen nach Landesrecht etabliert.
Thüringen stößt Diskussion um Biosphärenreservat an
Ende 2017 hatte das Thüringer Umweltministerium einen Diskussionsprozess angestoßen, um mit den Menschen Möglichkeiten für ein Biosphärenreservat im Norden Thüringens und seine Chancen für die Region zu diskutieren.
Biosphärenreservate sind von der Unesco ins Leben gerufene Modellregionen, in denen eine nachhaltige Entwicklung im Zusammenspiel von Umwelt, Wirtschaft und sozialen Aspekten verwirklicht werden soll. Das Gebiet für ein mögliches Biosphärenreservat Südharz/Kyffhäuser umfasst als Suchraum die beiden Naturparke Südharz und Kyffhäuser. (mz)