Fischzucht in Wickerode Fischzucht in Wickerode: Forellen aus dem Südharz

Wickerode - „Vor ein paar Wochen haben wir die letzte Rate für den Grund und Boden überwiesen“, sagt Detlef Thiele, der Fischer aus dem Südharz. Gemeinsam mit Ehefrau Martina betreibt er die Forellenzucht in Wickerode, wo an diesem Wochenende Fischerfest gefeiert wird. Nach der Wende ist der Betrieb privatisiert worden, Thieles haben ihn 1991 von der Treuhandanstalt Halle gekauft.
Fische gehören zum Leben der Familie Thiele
Fische gehören zum Leben der beiden Wickeröder von jeher dazu. „Dabei bin ich in Pankow geboren“, sagt der 63-Jährige und lacht verschmitzt. Aufgewachsen ist er bei der Oma in der Lausitz, wo es viele Teiche gibt. Nach der Schule hat er in Kreba gelernt und die Fischereischule in Königswartha bei Bautzen besucht; dort drücken bis heute alle angehenden Fischwirte aus dem Osten der Republik die Schulbank.
Martina Thiele stammt von der Küste, vom Darß, und hat ebenfalls Binnenfischerei erlernt. Dadurch haben sie sich kennengelernt. Sie hat ihr Ingenieurstudium absolviert und an mehreren Orten gearbeitet - bis es sie nach Wickerode verschlagen hat, wo als Teil des Volkseigenen Betriebs (VEB) Binnenfischerei Halle eine Forellenzucht entstehen sollte.
„Vorher standen hier Kühe auf der Wiese“, erinnert sich Thiele, der die Wickeröder Forellenzucht von Anfang an mit aufgebaut hat. Zu DDR-Zeiten hatte der Betrieb bis zu 40 Beschäftigte. „Früher hat der Betrieb im Herbst und Frühjahr rund 15 Millionen Forelleneier erbrütet.“ 1991 war noch ein gutes Dutzend Mitarbeiter übrig. Heutzutage bewirtschaften Thieles die Fischaufzucht zu zweit, gelegentlich unterstützt von ihrem Sohn Armin, Verwandten und bei Bedarf von mehreren Helfer.
Maximal 100.000 bis 120.000 Eier werden jetzt jährlich erbrütet, wie es heißt. Sie kommen, bereits vorerbrütet, in Styroporkisten aus Baden-Württemberg über Nacht in den Südharz. „Die Fische sind noch im Augenpunktstadium, die Augen schillern durch die Eihaut. Da können sie noch transportiert werden, ohne dass es ihnen schadet“, erklärt Martina Thiele.
Teil der Tiere wird als Satzfische für Angelvereine abgegeben
Nach zwei, drei Wochen schlüpfen die Fische, maximal einen Zentimeter groß, und werden anfangs mit zu Staub zerstobener Nahrung gefüttert, erklärt ihr Mann. Ein Teil der Tiere wird mit einer Größe von fünf bis zehn Zentimetern als Satzfische für Angelvereine abgegeben. „Meist im Frühjahr, wenn das Hochwasser weg ist“, sagt Thiele, der außerdem auch Präsident des Landesfischereiverbands in Sachsen-Anhalt ist.
Die verbleibenden Tiere tummeln sich in runden oder eckigen Behältern aus Plastik oder Beton, in die ständig frisches Quellwasser strömt. Etwa anderthalb, zwei Jahre dauert es, bis aus den winzigen Fischen ausgewachsene Regenbogenforellen werden. Bachforellen brauchen drei Jahre, Saiblinge sogar noch länger, sagt Detlef Thiele. Dann werden die Tiere im Betrieb geschlachtet.
Der jährliche Absatz schwankt zwischen zehn und 15 Tonnen. Um die Vermarktung kümmern sich Thieles selbst und gehören deshalb dem Direktvermarkterverein an. „Der Fisch geht küchenfertig und auf Eis an ungefähr ein Dutzend Hotels und Gaststätten in 50 Kilometern Umkreis. Die Gaststätten holen ihn meist selbst mehrmals pro Woche bei uns ab“, erzählt Martina Thiele. In ihrem Betrieb verarbeiten sie die Forellen zu allem, was nur denkbar ist: Als Räucher- oder Backfisch, wie Brathering zubereitet, in Fischsalaten, in Aspik, als Fischsemmel oder auf Fischplatten, ergänzt durch zugekauften und selbst verarbeiteten Seefisch. „Rezepte für Fischsuppen gibt es übrigens so viele, wie es Fischer gibt“, meint Detlef Thiele. (mz)