1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Mansfeld-Südharz
  6. >
  7. Belastetes Leitungswasser: Belastetes Leitungswasser: Wasserverband stellt kein Ersatzwasser für Babys bereit

Belastetes Leitungswasser Belastetes Leitungswasser: Wasserverband stellt kein Ersatzwasser für Babys bereit

Von Helga Koch 08.11.2016, 08:00
Welches Wasser sollen die Kita-Kinder trinken?
Welches Wasser sollen die Kita-Kinder trinken? Symbol/Schumann

Sangerhausen - Sigurd Grünbein schüttelt empört den Kopf. „Warum brauchen Sie zu allem eine Aufforderung?“, wirft er den Verbandsräten vom Wasserverband Südharz vor. Grünbein, promovierter Arzt im Ruhestand, engagiert sich in der Sangerhäuser Bürgeraktion für uranfreies Trinkwasser. Die Initiative fordert vehement Ersatzwasser für Babys, Kleinkinder und Schwangere, bis es irgendwann Fernwasser geben wird.

Gesundheitsamt müsste Ersatzversorgung anordnung

Doch der Verband schiebt den schwarzen Peter dem Landkreis Mansfeld-Südharz zu. Wenn, dann müsse das Gesundheitsamt die Ersatzversorgung anordnen, sagt der Sangerhäuser Oberbürgermeister Ralf Poschmann (CDU), der die Kreisstadt im Zweckverband vertritt.

Das komplizierte Genehmigungsverfahren für den Bau der Fernwasserleitung von Nienstedt nach Sangerhausen sorgt für Irritationen, die der Allstedter Verbandsrat Peter Banisch erneut ansprach. Es sei „nicht nachvollziehbar“, dass ein derart hoher Planungsaufwand nötig sei. Eine Abwasserleitung könne vergleichsweise unbürokratisch über Gemeindegebietsgrenzen hinweg gebaut werden, eine Trinkwasserleitung jedoch nicht. Wenn die Bürgeraktion für uranfreies Trinkwasser Recht habe, so Banisch, dann „wäre mit unserem Trinkwasser Gefahr im Verzug“. Bei Einzelfällen müsse es entsprechende Entscheidungen geben, das betreffe auch die Anschlussleitungen nach Edersleben, wo die Uran- und Nitratkonzentration knapp unter den Grenzwerten liegen, sowie Roßla, wo der Sulfatanteil den Wert überschreitet. (hko)

Dabei hatten sich kürzlich erneut besorgte Eltern an die Öffentlichkeit gewandt, weil sie ihre Jüngsten in den Sangerhäuser Kindereinrichtungen nicht mehr mit dem belasteten Leitungswasser versorgt wissen wollen. Uran, das über die Nahrung aufgenommen wird, kann die Nieren schädigen.

Der Herforder Kinder- und Jugendarzt Dr. Winfried Eisenberg hat sich jetzt erneut an die Verbandsräte und Landrätin Angelika Klein (Linke) gewandt: „Aus kinderärztlicher Sicht ist für Schwangere, Säuglinge und Kleinkinder Leitungswasser ohne Uran und Nitrat nicht nur wünschenswert, sondern erforderlich. Da das aber nicht überall erreichbar ist, wäre ein Urangehalt von maximal zwei Mikrogramm je Liter verantwortbar.“

Das wäre bei gekennzeichnetem Mineralwasser für Babys der Fall. Eisenberg arbeitet im Arbeitskreis Atomenergie in der Deutschen Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges mit.

Gesetzlicher Grenzwert für Uran wird nur kanpp unterschritten

Doch ob sich der Landkreis einschalten wird, ist fraglich. Denn der gesetzliche Grenzwert für Uran beträgt zehn Mikrogramm je Liter; er liegt zurzeit mit 8,3 Mikrogramm je Liter im Wohngebiet Othaler Weg knapp drunter. Die Nitratbelastung erreicht mit 48 Milligramm je Liter fast den Grenzwert von 50 Milligramm je Liter. Ähnlich problematisch ist die Situation in Roßla, wo das Wasser zu viel Sulfat enthält - geduldet von den Behörden.

Trotzdem - oder gerade deshalb - hatte der Südharzer Bürgermeister Ralf Rettig (parteilos) kürzlich angeregt, die Kosten zu überschlagen, um wenigstens für die Jüngsten das speziell deklarierte Mineralwasser bereitzustellen. Doch Poschmann hegt Bedenken: „Wir sind nicht die Fachleute. Wir beschäftigen keinen Arzt. Die zuständige Behörde ist der Landkreis.“ Ordne er die Ersatzversorgung an, hätten sie alle Kunden mit zu tragen. Mache der Verband das freiwillig, „müssen wir es über die Umlage bezahlen, aus dem Steueraufkommen“. Die Vertreter des Gesundheitsamts sollten deshalb zur nächsten Versammlung eingeladen werden.

Die Kosten wären aber sicher überschaubar. Wie Geschäftsführerin Jutta Parnieske-Pasterkamp sagt, hat der Verband 2012 in Allstedt und Roßla bereits Ersatzwasser bereitgestellt: „Das hat etwa 5.530 Euro gekostet.“ (mz)