Polizeiaktion „Sicher durch den Harz“ Wie Motorradfahrer auf Kontrollen reagieren
Beamte im Raum Nordhausen, Goslar, Göttingen und Halberstadt kontrollieren Zweiräder. Welche Schwerpunkte es gab.

Rotacker - „Allrode, Wieserode, Gernrode und Wilhelmshöhe“, Uwe Becker, der Pressesprecher des Polizeireviers Halberstadt, zählt die Orte auf, an denen im Vorjahr Biker ihr Leben ließen. „Im gesamten Harz verstarben bei 321 Verkehrsunfällen insgesamt acht Motorradfahrer und 241 verletzten sich. Darum stehen wir heute bei der Verkehrssicherheitsaktion ,Sicher durch den Harz’ auf der B27 und der B81 an acht Kontrollpunkten.“
Es gehe nicht darum, der großen Schar Biker das Fahren in einer der schönsten Regionen zu vermiesen, sondern um die „deutliche Minderheit von Unvernünftigen“. Die Präventionskampagne der Länder Niedersachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt geht ins 13. Jahr.
Weil immer wieder Motorradfahrer auf den Straßen im Harz in schwerste Verkehrsunfällen verwickelt waren, entschlossen sich die Thüringer Landespolizeiinspektion Nordhausen, die niedersächsischen Polizeiinspektionen Goslar und Göttingen sowie die Polizei im Landkreis Harz zu dieser grenzübergreifenden Aktion.
„Uns geht es nicht zuvorderst darum, Mängelscheine und Bußgeldbescheide auszustellen“, erklärt Uwe Becker. „Wir möchten mit den Bikern ins Gespräch kommen, um auf die reizvollen Streckenführungen im Harz hinzuweisen und insbesondere überregionale Motorradfahrer zu sensibilisieren. Denn ich weiß selbst, wie tückisch so manche Kurve hier im Harz ist.“
Zu diesem Zweck haben die Beamten auf dem Parkplatz gegenüber des Waldbades in Rotacker an der B 81 das „Show-Car“ der Landespolizei platziert. Aber wenige hundert Meter weiter am Rande des Hasselfelder Ortsteils Rotacker nimmt ein Beamten-Team der Polizei Raser ins Visier.
„Mag ja sein, dass das in Amerika erlaubt ist, bei uns nicht.“
Polizeibeamter zu einem Motorradfahrer
Es ist ein eigenwilliges Bild: Frische Blumen liegen nur einen Steinwurf von der Blitzertechnik entfernt an einem hölzernen Kreuz. „Den Ort haben wir bewusst gewählt, 2019 starb an dieser Stelle ein Biker“, erzählt eine Beamtin.
Uwe Becker räumt mit dem Irrglauben auf, dass die Maschinen der flotten Biker nicht geblitzt werden können. Die Polfiltertechnik macht es möglich. Zudem könne mit einer dritten Kamera einem Temposünder hinterhergeblitzt werden.
Wer, um sich vor solchen Fotos zu schützen, sein Kennzeichen hochbiegt, begeht eine Straftat. Wenn die 30 Grad überschritten sind, erwartet den Fahrer, wie am Samstag einen 38-jährigen Biker, ein Ermittlungsverfahren. „Kennzeichenmissbrauch“ ist das.
Junge Beamte der Landespolizei heben immer wieder ihre Kelle, ziehen die Fahrzeuge aus dem rollenden Verkehr und leiten die Biker zur Kontrolle. Fahrerlaubnis und Fahrzeugschein lassen sich die Polizisten zeigen. Sie achten sehr darauf, dass alle Umbauten in die Unterlagen eingetragen sind. Schnell merken die Biker: Sie haben hier keine heurigen Hasen vor sich.

Nicht nur Uwe Becker zählt zu den begeisterten Bikern im Polizeirevier. So fachsimpelt man schnell, kennt aber auch die großen und kleinen Tricks. Drei aufgebohrte Nieten am Auspuffrohr können schnell dazu führen, dass die Fahrt nicht weiter fortgesetzt werden darf.
Mit routiniertem Blick schauen die Beamten mit der Taschenlampe in den Auspuff. „Eigentlich hört man es ja schon durch den halben Harz, wenn etwas am Diffusor gemacht ist. Der dB-Killer wird gern mal manipuliert“, erläutert Uwe Becker.
„Mag ja sein, dass das in Amerika erlaubt ist, bei uns nicht“, machen zwei Polizeibeamte einem Biker klar. „Leuchtende Blinker bei der Fahrt, das ist verboten.“ Sie greifen zum Stift und „zum mildesten Mittel“, wie eine Oberkommissarin konstatiert. Sie füllt einen Mängelschein aus, der Biker soll sich an eine Werkstatt wenden und dann noch mal bei der Polizei in Sachsen-Anhalt anrollen.
So glimpflich endet die Polizeikontrolle für einen 31-Jährigen nicht. Der Motorradfahrer steht im Verdacht, unter Drogeneinfluss gefahren zu sein. Der junge Biker muss seine Maschine parken und den Schlüssel abgeben. „Es besteht der Verdacht, dass er unter Betäubungsmitteln steht, ohne ein negatives Testergebnis darf er nicht weiterfahren“, erklären die Beamten.
Die Polizisten lauschen. „Da kommt eine Harley“, sagen sie voraus. Stimmt. Bei ihnen rollen auch Ducati und Yamaha zur Kontrolle an, eine Magdeburger Gruppe bei ihrer Harz-Ausfahrt, ein junger Mann, der mit der Honda schon im Wartburgkreis gestartet war, vor Kälte klappert und nun etwas zum Aufwärmen sucht, aber auch ein Graukopf, der sich auf den Rennstrecken der Welt auskennt.
Fast neidisch fragen die Polizisten, wie man eine BMW so zum Blitzen bekommt. „Gib’ ein Motorrad in Frauenhände“, sagt Anett Claus lachend und setzt ihren Helm ab. Die Frau aus dem Bördekreis ist mit einer ihrer Maschinen, Baujahr 2001, auf Ausfahrt. „Ich lasse es gemütlich angehen. Sonst bin ich mit anderer Maschine und anderen Leuten unterwegs.“
Am Abend ziehen die Einsatzkräfte Bilanz. 180 Fahrzeuge, davon 112 Kradfahrer, haben sie im Rahmen ihrer Verkehrssicherheitsaktion kontrolliert. In diesem Zusammenhang stellten die Beamten im Landkreis Harz insgesamt 31?Verstöße fest, wobei nur zwölf davon Biker begingen. „An den eingerichteten Geschwindigkeitsmessstellen gab es keinen Verstoß durch Motorradfahrer“, bilanziert Uwe Becker.